Oldtimerklau

Dieses Thema im Forum "der Stammtisch" wurde erstellt von big-bolli, 24. August 2015.

  1. big-bolli

    big-bolli bolli

    677
    4. Oktober 2006
    Hallo Forumskollegen
    Hier ein Bericht aus der Welt

    Die Summe seiner Teile

    Thomas Imhof


    Organisierte Banden haben die Oldtimer entdeckt. Besonders begehrt sind alte Porsche Targas und Mercedes Pagoden – vor allem für den Weiterverkauf in Einzelteilen





    Aachen-Burtscheid, einer der vornehmeren Vororte der alten Kaiserstadt. Das großbürgerlich geprägte Viertel am Kurpark ist bekannt für seine heilspendenden Thermalquellen. Jetzt wird die Idylle durch eine Serie von Oldtimer-Diebstählen getrübt. Sie hält die örtliche Kriminalpolizei und ihre Kollegen in den benachbarten Niederlanden in Atem.
    Binnen zwei Wochen wurden vier klassische Automobile entwendet, jedes Mal nachts, in einem dicht besiedelten Gebiet. Selbst zugeparkte Garageneinfahrten waren für die Diebe kein Hindernis – davor abgestellte Wagen wurden kurzerhand weggezogen. Gleich zweimal waren Mercedes-SL-Modelle der Baureihe R113 betroffen, im Volksmund wegen ihres nach innen gewölbten Hardtops als Mercedes Pagode bekannt, einen 250 SL Baujahr 1967 und einen hellblauen 280 SL im Wert von 80.000 Euro. Ein schwarzer Nachkriegsklassiker Mercedes 170 S verschwand aus einer Garageneinfahrt, die mit einem Auto zugestellt war. Dreist gingen die unbekannten Täter bei einem Aachener Ehepaar vor. Sie schnappten sich ihren schönen Jaguar E-Type V12 während einer Kaffeepause auf einer Spritztour durch Belgien. "Die zeitliche Abfolge und die Umstände der Taten lassen darauf schließen, dass es sich um eine Bande handelt, die gezielt nach Oldtimern Ausschau hält. Die Täter müssen die Wege der Besitzer genau beobachtet haben und ihnen teilweise auch gefolgt sein", sagt Aachens Polizeisprecher Paul Kemen.
    Bereits in der Nacht zum 20. Juli wurde in Aachen eine Großraumgarage geplündert, die Autoknacker erbeuteten vier Oldtimer im Wert von knapp 200.000 Euro: ein Porsche 911 T von 1971, ein VW Bulli T2 von 1970, ein BMW Z1 von 1989 und ein Mercedes 280 SL von 1968. Die Polizei geht davon aus, "dass es die Täter genau auf diese Fahrzeuge abgesehen hatten", weil sie die dort ebenfalls stehenden modernen Autos verschmähten. Paul Kemen sagt: "Sie müssen gut vernetzt gewesen sein, sonst hätten sie diese Fahrzeuge in dieser Hinterhofgarage nie gefunden."
    Die Aachener Diebstahlserie ist eine Begleiterscheinung des anhaltenden Oldtimer-Booms und nicht nur auf die Region im Dreiländereck beschränkt. In ganz Nordrhein-Westfalen, in Hamburg und Berlin mehren sich die Diebstahlanzeigen. "In den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres sind in Deutschland schon 68 Prozent mehr Oldtimer gestohlen worden als im gesamten Jahr 2014", sagt Jörg Möller, Geschäftsführer des auf Oldtimer spezialisierten Versicherungsunternehmens OCC aus Lübeck. "Wenn sich dieser Trend fortsetzt, kommen wir bis Jahresende auf eine Steigerung von über 100 Prozent."
    Rund um das Geschäft mit historischen Automobilen hat sich eine Industrie ausgebildet, und überall dort, wo sich die Szene zu Rennmeetings, Ausstellungen oder einem Concours d'Élégance trifft, liegen die Diebe schon auf der Lauer. Die Angst und Verunsicherung ist groß, was nach Beobachtung von Jochen Thoma, Oldtimer Experte beim ADAC, dazu geführt hat, dass sich viele Besitzer mittlerweile scheuten, mit ihrem Auto an den Veranstaltungen teilzunehmen. "Es sei denn, wir garantieren ihnen, dass während einer Rallye eine Tiefgarage oder ein bewachtes Areal für die Autos zur Verfügung steht."
    Es gibt laut Versicherungsfachmann Möller zum einen den "Diebstahl auf Bestellung" – da sei zum Beispiel die Pagode von Mercedes sehr gefragt. "Aber den Löwenanteil der Diebstähle machen Autos aus, die als Ersatzteillager ausgeschlachtet werden. Und hier stehen speziell Porsche-Targa-Modelle und Mercedes der Baureihen W123/W124 im Fokus." Die Mercedes-Modelle seien im Wert stark gestiegen und zurzeit besonders in der Generation der Babyboomer gefragte Liebhaberstücke. "Die Leute wollen jetzt das Auto, mit denen ihre Eltern sie als Kinder durch die Gegend gefahren haben. Und geben viel Geld aus, um sich solch ein Auto richtig schick zu machen", sagt Oldtimerexperte Möller.
    Was nach dem Diebstahl mit den Oldtimern geschieht, zeigte sich Ende Juli, als ein Hehler-Lager mit rund 20 zum Teil schon zerlegten Oldtimern in der Nähe von Roermond (NL) spektakulär ausgehoben wurde. Unter den sichergestellten Fahrzeugen fanden die Holländer auch ein Mercedes 300 SL Cabrio und einen offenen Porsche 356. Fahrzeug- und Ersatzteile lagen zuhauf herum.
    Viele Banden bauen die gestohlenen Klassiker gleich hinter der Grenze auseinander und verschieben die Einzelteile großteils nach Osteuropa. Mancher Autobesitzer bekommt zwar mithilfe der Polizei sein Auto zurück – aber nur die Hülle, unter der Karosserie wird alles ausgeschlachtet.
    Für die Kriminellen ist es vergleichsweise ungefährlich und lukrativ, Einzelteile anzubieten statt ein komplettes Auto. Ein neues Targadach für einen Porsche 964 zum Beispiel kostet ab Werk 18.900 Euro; teilweise gibt es Lieferfristen von bis zu einem Jahr. Über Ebay ist ein gleichwertiges Teil zwischen 7000 und 10.000 Euro zu haben. Die Nachfrage ist groß, weil sich zum Beispiel Targadächer von Re-Importen aus den USA häufig in einem sehr schlechten Zustand befinden; das steigert die Absatzchancen für Hehlerware.
    Die wachsende Popularität des Targas in der Szene ist laut Alexander Fabig, Leiter der Porsche Klassik-Abteilung, auch dem durch den neuen Targa der Baureihe 991 bewirkten Übertragungseffekt geschuldet. "Aufgrund der erfolgreichen Neuinterpretation beim aktuellen 911 steigen auch die Begehrlichkeiten nach den historischen Modellen." Die Wertsteigerung sei enorm, sagt Fabig – und verweist auf die Angaben der Oldtimer-Börse Classic Data. Danach stieg der Wert eines 911 Targa Baujahr 1966 oder 1967 in einem sehr guten Zustand zwischen 2013 und 2014 von 87.900 auf 126.000 Euro.
    Auch andere Modelle verzeichnen steigende Kurse. Ein Jaguar E-Type Serie1 war laut Till Beckmann, Leiter von Jaguar Land Rover Heritage, vor einigen Jahren noch für 240.000 bis 250.000 Euro zu bekommen, jetzt ginge keiner mehr unter 300.000 Euro weg. Der von Albrecht Graf von Goertz gestylte BMW 507 wurde noch vor zwei Jahren mit Kursen zwischen 600.000 und 700.000 Euro gehandelt – heute ist ein gutes Exemplar nicht mehr unter einer Million zu erstehen. "Selbst frühe VW Bullis T2 steigen rasant an Wert. Und beim Porsche 993, dem letzten Elfer mit luftgekühltem Boxer, explodieren zurzeit die Preise", hat Jörg Möller beobachtet.
    Auf der diesjährigen Techno Classica in Essen verschwanden ein 911 E und 911S über Nacht vom Messeparkplatz; beim Oldtimer-Grand-Prix vor zwei Wochen ein 911 Cabrio Baujahr 1985. Nicht selten ventilieren bestohlene Autofans ihren Ärger über Facebook: Am 11. August beklagte der Hamburger Cristian Carl D.: "Mein 87er Targa wurde heute Nacht aus der Garage gestohlen, Hochglanz Turbofelge, gelbe Nebelscheinwerfer, dritte Bremsleuchte." So erging es auch dem Berliner Besitzer eines wunderschönen 911 Baujahr 1970 mit fast neuem Twinplug-Motor – auch er war plötzlich nicht mehr da.
    Laut Hubert Paulus vom ADAC-Sicherheitszentrum in Landsberg gibt es zwar keinen hundertprozentigen Schutz gegen Autoklau, doch eine Reihe von Vorsichtsmaßnahmen würde helfen: Bei Oldtimer-Veranstaltungen das Auto in die Tiefgarage oder einen bewachten Parkplatz stellen; zu Hause die Garage so gestalten, dass es möglichst schwierig wird, dort einzudringen. Vor allem das Tor nie längere Zeit offenlassen, sodass der Blick nicht auf den Oldtimer fällt. Auf herkömmliche GPS-Ortungsgeräte zur späteren Lokalisierung des gestohlenen Autos würde sich Paulus dagegen nicht verlassen: "Die Diebe schieben die Wagen in der Regel in einen mit Alufolie ausgekleideten Lkw. Damit wird das GPS-Signal so gestört, dass eine saubere Ortung unmöglich ist." Auch Paulus sieht das lukrative Geschäft mit Ersatzteilen als Hauptmotiv für die professionell organisierten Diebestouren: "In Polen und Tschechien haben sie auch schon spitzbekommen, dass mit Oldtimern ein Geschäft zu machen ist. Das läuft wie bei Reparaturen von Neuwagen – die für Restaurierungen benötigten Teile werden den gestohlenen und noch vor Überfahren der Grenze in ihre Einzelteile zerlegten Fahrzeugen entnommen.
    OCC-Mann Möller empfiehlt als wirksamsten Schutz Ortungsgeräte einer Spezialfirma aus Erfurt (Imbu). Sie kosten mit 800 bis 1000 Euro etwas mehr als Durchschnittsgeräte und ließen sich auch durch Alufolie nicht so leicht irritieren. Imbu-Verkäufer Alexander Paul berichtet stolz von einem 300 SL aus München, "den ich mit der Technik kurz vor der polnischen Grenze entdeckte". In den vergangenen beiden Jahren habe sich der Absatz der streichholzschachtelgroßen Geräte, die an einer geheimen Ort im Auto eingebaut werden, verdoppelt. Till Beckmann von Jaguar Land Rover rät dazu, an möglichst vielen verdeckten Stellen die Fahrgestellnummer einzustanzen.
    Trotz aller Präventivmaßnahmen dürfte Versicherer OCC die Kasko-Prämie für besonders oft gestohlene Modelle kräftig anheben. "Sollte sich der Trend fortsetzen, müssen Besitzer in den besonders betroffenen Regionen mit zehn bis zu 15 Prozent höheren Tarifen in der Kaskoversicherung rechnen", schätzt Jörg Möller.
    Legale und illegale Oldtimer-Händler hoffen schon auf einen neuen Goldrausch. Sollten China und Indien wie erwartet ihre Oldtimer-Märkte liberalisieren, könnte das Geschäft mit den Klassikern nochmals gewaltig angekurbelt werden. "Schon jetzt bunkern sehr viele Händler und Sammler wertvolle Fahrzeuge, um sich auf diese Zeit vorzubereiten", sagt Jaguar-Experte Beckmann. Auch Jörg Möller weiß von ähnlichen Hamsterkäufen: "Es gibt einen Sammler, der rund 60 Porsche Turbo der ersten Baureihe 930 aufgekauft hat. Die waren anfangs 30.000 bis 45.000 Euro wert – heute werden sie schon mit 80.000 bis 120.000 Euro gehandelt." Auch für Diebe dürfte das eine verlockende Aussicht sein.
     
  2. bkruecke

    bkruecke Aktives Mitglied

    139
    22. Juni 2010
    Moin Leute,

    So richtig schützen geht ja offenbar kaum mit verhältnismäßigen Mitteln, aber man kann es den Brüdern wenigstens so schwer wie möglich machen.
    Hat jemand von Euch schon mal daran gedacht, in die Garage zwischen Auto und Tor einen abschließbaren, versenk- oder klappbaren, in jedem Fall aber sehr massiven Poller zu installieren? Ich glaube, das mache ich als nächstes.

    Alles was Zeit kostet und Lärm macht, hilft....

    Oder?

    Schönen Abend,

    Burkhard
     
  3. BMB

    BMB deaktiviert

    30. Juli 2006
    Olle Kamellen

    Olle Kamellen, pünktlich zur "saure Gurkenzeit" neu verteilt.

    Die vom Autor dieses Berichts zusammengetragenen Aussagen, sind seit Jahren - wenn nicht sogar seit Jahrzehnten - bekannt und so alt, wie der Schnee von gestern.

    Ich hatte zu diesem Thema bereits im Januar 2013 ein entsprechendes Statement und Empfehlung zur Situation abgegeben.
    Siehe hier:

    http://www.pagodentreff.de/diskussionsforum/t10964-k-nnt-noch-nachts-schlafen-3.html

    Auf mich wirkt dieser Bericht wie eine geschickt platzierte PR Aktion für alle Firmen, die daran verdienen, dass der Wert der Oldtimer möglichst hoch gehalten wird.

    Und wenn dann noch Firmennamen und namentliche Empfehlungen für GPS Systeme eingefügt werden, dann bestärkt mich das in meiner Meinung.

    Hier soll mit ollen Kamellen - unter Hinweis auf die Chinesen und Inder - wieder einmal deutlich gemacht werden, dass die Oldtimerpreise zukünftig noch weiter steigen werden und dass jeder der diesen Zug nicht verpassen will gefälligst jetzt aufspringen soll.

    Pech nur, dass der Preistrend gerade beginnt sich nach unten zu bewegen, wie man hier sehr schön nachlesen kann:

    http://www.spiegel.de/auto/fahrkultur/oldtimer-als-wertanlage-autoklassiker-mit-wertverlust-a-1043789.html

    Oder ist das auch nur ein "saure Gurkenzeit" Bericht???

    BMB
    Bernd
     
  4. meise

    meise Aktives Mitglied

    459
    16. Februar 2009
    Hallo Zusammen,

    dass die Diebstahlrate in einem boomenden Sektor wie den Oldtimern zulegen würde, konnte man auch so sicher erwarten...wenn irgendwo Verdienstmöglichkeiten steigen, sind auch immer gleich vermehrt Scharlatane und andere Vertreter der dunklen Seite dabei.

    Neben den in dem von Bernd zitierten Spiegel-Artikel sind z.B. auch einige eigentlich recht populäre britische Roadster bereits von einer Preis-Stagnation, bzw. sogar einem -Rückgang erfasst.

    Gleichwohl glaube auch ich nicht, dass die Preise in bestimmten Bereichen, wie z.B. unseren Pagoden oder 911ern, weiterhin so zulegen...auf einen Zeitraum von fünf Jahren gehe ich dort eher von wieder sinkenden Notierungen aus.
    Bei Bmw 507 und 300 SL mag das wohl anders sein.

    Schöne Grüße,
    Bernd
     
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Müller Classic Motors
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