Fahren in der Kolonne

Dieses Thema im Forum "Veranstaltungen" wurde erstellt von BMB, 27. Juli 2010.

  1. BMB

    BMB deaktiviert

    30. Juli 2006

    Ich habe nun seit über 20 Jahre regelmässig Ausfahrten in Deutschland und im europäischen Ausland für 20 bis 40 Pagodenfahrzeuge und deren Besatzung organisiert.
    Meine Zusammenfassung dazu ist:
    Wenn mehr als 5 bis 6 Fahrzeuge zusammenkommen, sollte immer so etwas wie ein Bordbuch vorhanden sein, mindestens jedoch ein Kartenausschnitt mit markierter Strecke.

    Egal, ob mit Bordbuch oder ohne, man kann in beiden Fällen in Kolonne fahren, wenn man sich an die nachstehenden Regeln hält. Diese Regeln sollten dann allerdings vor Fahrtantritt verteilt werden und auch besprochen werden, damit eventuelle Missverständnisse ausgeräumt werden können.
    Grundregel beim Kolonnenfahren heißt: Jeder ist für seinen Hintermann verantwortlich

    Fahren im Konvoi
    Bitte vergessen Sie alles, was Sie bisher zu diesem Thema gehört haben, es gibt nur eine einzige Art, wie man sich im Konvoi auf unbekanntem Gebiet bewegen kann, ohne sich zu verlieren und ohne den nachfolgenden Verkehr zu behindern. Diese Art ist nachfolgend beschrieben:
    1.) Bitte achten Sie auf Ihren Hintermann.
    2.) Wenn dieser aufgehalten wird (rote Ampel, Kreuzung etc.), bleiben Sie an Ihrem Vordermann und fahren weiter solange die Fahrt geradeaus geht.
    3.) Erst wenn Ihr Vordermann abbiegt und Ihr Hintermann nicht zu sehen ist, bleiben Sie bitte vor oder an der Abbiegestelle rechts stehen und warten bis Ihr Hintermann Sie wieder sehen kann. Dann können auch Sie abbiegen und solange geradeaus fahren, bis Sie Ihren Vordermann wieder sehen. Ihr Vordermann wird an der nächsten Abbiegestelle auf Sie warten!!!
    4.) Bitte versuchen Sie nicht mit überhöhter Geschwindigkeit oder unter Mißachtung von roten Ampeln unbedingt den Anschluß an Ihren Vordermann zu halten. Sie gefährden nur sich und lassen Ihren Hintermann im Regen stehen.
    5.) Wenn sich alle so verhalten, erzielen wir einen Ziehharmonikaeffekt, der dazu führt, daß bei Verzögerungen die Spitze des Konvois schnell reagieren kann.
    6.) Für alle Fälle sollte Ihr Beifahrer sich mit dem Bordbuch vertraut machen und sich durch abhaken der einzelnen Fahrtstrecken stets auf dem Laufenden halten.
    7.) Sofern der Konvoi auf der Landstraße oder an Stellen, welche im Bordbuch nicht als Sammelpunkt beschrieben sind, zum Halten kommt, bleiben Sie bitte in Ihrem Auto sitzen, da die Fahrt nach Ankunft des letzten Fahrzeugs sofort fortgesetzt wird.
    8.) Grundsätzlich auf der Landstrasse und der Autobahn immer soviel Abstand lassen, dass ein überholenden Fahrzeug auch wieder einscheren kann. Niemals die Tür für den Überholer zumachen!!!
    8.) Auf Autobahnen oder zweispurigen Straßen, bitte ich Sie eventuelle Überholmanöver nur dann durchzuführen, wenn sicher ist, daß Sie an der nächsten Ausfahrt auch die Straße verlassen können. Es gibt nichts frustrierenderes als auf der Überholspur mit ansehen zu müssen, wie der vordere Teil des Konvois die Autobahn auf der Ausfahrt verläßt. Bleiben Sie im Zweifel lieber rechts.

    * * *
    Begründung: Mit dieser Methode kann man sogar völlig ohne Bordbuch und Karte fahren. Es muss nicht einmal das Ziel bekannt sein. Allerdings nur, wenn sich alle daran halten und an der Abbiegestelle warten.
    Wenn man sich rechtzeitig darauf einstellt, dass man ggf. an einer Abbiegestelle warten muss, dann findet man in 98% aller Fälle, auch in größeren Städten auch einen Platz zum Warten (Bushaltestelle, Garageneinfahrt, ja sogar Bürgersteig sind für diese kurze Zeit möglich). Man muss nur wollen.
    Es ist der grösste Schwachsinn bei Kolonnenfahrten auf gerader Strecke langsam zu fahren, damit die verlorenen Schäfchen wieder aufschliessen können. Denn dadurch staut sich der Verkehr hinter der Kolonne, weshalb die verlorenen nicht aufschliessen können und die „normalen“ Verkehrsteilnehmer beginnen aggressiv und damit gefährlich zu reagieren.

    Die Geschwindigkeit des „Führungsfahrzeugs“ kann zwischen 60 und 80 Km/h je nach Strassenbreite liegen. Bei gleichmässiger Kolonnenfahrt ist es dann hinten auch nicht wesentlich schneller. Es sei denn die „ZiehharmonikaAuspuffgeräuschSuchfreaks“ sind am Werk. Will sagen, man lässt sich zurückfallen um dann Gas zu geben, weil man den Auspuffsound der Pagode so gerne hört. Solchen Leuten sollte man empfehlen zukünftig ausserhalb der Kolonne zu fahren.
    Als Organisator einer grossen Kolonne muss man sich allerdings darüber im Klaren sein, dass man in einer Stunde auf Landstrassen mit kleineren Ortschaften nur maximal 40 bis 45 gefahrene Kilometer zurücklegen kann und keinerlei Möglichkeit hat, eventuelle Zeitverluste aufzuholen. Das ist Fakt, alles andere ist Schönfärberei und Wunschdenken, welches dann zu Lasten der Teilnehmer geht.

    Tourenplanung

    1.) Wenn Touren im Kreis oder Halbkreis gemacht werden, dann sollten diese möglichst rechts herum führen. Denn rechts abbiegen ist leichter als links abbiegen (besonders an Kreuzungen).
    2.) Durchfahrten durch mittlere und grössere Städte sollten möglichst vermieden werden. Meistens führt immer ein Weg drum herum.
    3.) Die Parkplätze am Hotelstandort sollten immer ausreichend (am Besten reserviert) sein.
    * * *
    Begründung: Wenn am Hotelstandort eine Parkplatzknappheit herrscht, beginnt schon nachmittags um 16:00 Uhr der Positionskampf für die Pole Position zur Fahrt zum Hotel. In ganz krassen Fällen bekommt die Beifahrerin schon nach dem Mittagessen Migräne, weshalb der Fahrer unbedingt jetzt schon den Rückweg zum Hotel antreten muss. Man wäre ja so gerne noch weiter mitgefahren, aber leider, leider...

    Womit wir auch beim absolut wichtigen Thema Parken wären:

    Parken

    Ankunft: Wir parken immer rückwärts ein! Und zwar in der Reihenfolge der Ankunft. Einer nach dem Anderen.

    Abfahrt: Wir fahren immer nacheinander los! So wie wir geparkt haben. Einer nach dem Anderen.

    Warum das alles??? - Ganz einfach: Beim Einparken haben wir beim Rangieren alle Zeit der Welt und können uns immer gegenseitig helfen und ganz nebenbei zu einem schönen Bild aufstellen.
    Es gibt keinen Grund zur Hektik.

    Bei der Abfahrt haben wir zum Rangieren keine Zeit, weil wir ja geschlossen auf die Strecke wollen. Wenn man jetzt anfangen wollte zu rangieren, beginnt die Hektik und die Beulen sind vorprogrammiert.
    Vorwärtseinparker haben diesen Vorgang selten bis zum Ende durchgedacht, meistens ist es ihnen auch egal, wie sehr sie bei der Abfahrt ihre Hintermänner belästigen, ja sogar nötigen.

    Auch freut es immer wieder die Zuschauer, wenn eine Gruppe völlig geordnet – ohne Hektik – einen Parkplatz verlässt. Vielfach wird sogar applaudiert.
    Es ist immer wieder ein schönes Bild, wenn die Kolonne den Parkplatz zusammen verläßt.

    So, das waren nur einige kleine Anregungen aus meinem Nähkästchen.

    Übrigens das Kapitel Kolonenfahrten und Organisation von Touren kann durchaus rechtliche Folgen nach sich ziehen. Hierzu kann sich ja gerne mal ein juristisch ausgebildeter äussern.
    Ich könnte zwar, werde aber keine Ratschläge geben. Auch die obigen Ausführungen geben nur mein Meinung und/oder meine Erfahrungen wieder, wofür ich leider keinerlei Haftung übernehmen kann.

    BMB
    Bernd
     
  2. Papafoxtrott

    Papafoxtrott Aktives Mitglied

    606
    22. März 2010
    Sehr hilfreich und informatv!

    Lieber Bernd!
    Danke für diese Wortmeldung!
    Es drängt sich mir noch eine andere Frage auf:
    Wenn man mit sehr vielen Autos fährt, empfiehlt es sich dann nicht, eine solche Ausfahrt anzumelden und was erwartet einen dann bei einer solchen Anmeldung organisatorisch, rechtlich und finanziell?
    Auf jedenfall denke ich doch, daß dann eine solche Kollonne geschützt, weil begleitet fährt und die neuralgischen Punkte auf der Strecke überwacht werden, oder?

    Grüße
    Ferdl
     
  3. BMB

    BMB deaktiviert

    30. Juli 2006
    Übermässige Strassenbenutzung

    Hallo Ferdl,

    Ich habe ganz bewusst gesagt, dass ich zu den rechtlichen Folgen, als Nichtjurist, keine Ratschläge abgeben kann. Dieses Feld ist selbst für Juristen nicht ganz einfach.

    Auch ist der Bereich der Genehmigungspflicht von Oldtimerveranstaltungen (dazu können auch Kolonenfahrten gehören) in den EU Ländern völlig unterschiedlich geregelt.
    So weiss ich z.B., dass man in Frankreich schon bei kleineren Gruppen äusserst „unfreundlich“ reagiert, wenn keine Durchfahrtgenehmigung für das Departement vorliegt.

    In Deutschland ist das Grundübel der § 29 der StVO mit der Überschrift:

    „Übermässige Strassenbenutzung“. :hammer:

    und hier ganz besonders der Absatz 2 der da ausschnittsweise heisst:

    Veranstaltungen, für die Straßen mehr als verkehrsüblich in Anspruch genommen werden, bedürfen der Erlaubnis. Das ist der Fall, wenn die Benutzung der Straße für den Verkehr wegen der Zahl oder des Verhaltens der Teilnehmer oder der Fahrweise der beteiligten Fahrzeuge eingeschränkt wird....

    Wer den § in voller Länge nachlesen will schaut hier:
    http://www.verkehrsportal.de/stvo/stvo_29.php

    Der DEUVET hatte sich 1999 mal mit dem Thema beschäftigt und kam zu dem Schluss, dass hier wohl bei 30 Fahrzeugen, die am gleichen Platz starten oder ankommen, die Grenze ist.
    Bei mehr als 30 Fahrzeugen muss eine Genehmigung eingeholt werden.

    Aber auch bei weniger als 30 Fahrzeugen kann die Genehmigungspflicht schon eintreten, wenn auch nur eines der nachstehend genannten Kriterien zutrifft:

    Oldtimerveranstaltungen mit gemeinsamen Start oder Ziel, die mit weniger als 30 Fahrzeugen durchgeführt werden, sind genehmigungspflichtig, wenn eines der folgenden Kriterien erfüllt ist:
    • Eine Durchschnitts- und/oder Mindestgeschwindigkeit ist vorgeschrieben.
    • Die Streckenführung ist vorgeschrieben.
    • Es besteht freie Streckenwahl, aber es sind Kontrollstellen eingerichtet.
    • Die Fahrtzeit wird vorgeschrieben.
    • Die Veranstaltung beinhaltet Sonderprüfungen.
    • Es wird im geschlossenen Verband (Kolonne) gefahren.

    Wobei eine Kolonne noch lange kein geschlossener Verband ist. Der sogenannte geschlossene Verband ist wieder ein Spielart für sich und im § 27 der StVO „Verbände“ geregelt ist.

    Wie gesagt, die Genehmigungspflicht besteht bereits, wenn auch nur ein einziges Kriterium erfällt ist.
    So sieht es in Deutschland aus.
    In anderen europäischen Ländern sieht es wahrscheinlich anders aus, wobei das Recht der anderen europäischen Länder auch für uns gilt, wenn wir dort fahren.
    Es ist sicher sehr hilfreich, wenn man als „Organisator“ - wo immer es geht - die Autobahnen und Bundesstrassen meidet und sich auf kleinen Nebenstrassen bewegt. Das verhindert zwar nicht die eventuelle Genehmigungspflicht, aber es vermindert die möglichen Gründe (Verkehrsbehinderung etc.) für ein Einschreiten der Ordnungsorgane. Ausserdem macht es den Teilnehmern auch mehr Spass, über kleine und kleinste Strässchen zu cruisen und die Landschaft zu geniessen.

    Wichtig für den „Organisator“ von Fahrten nach Bordbuch ist, dass er alle Klippen in seinem Text umschifft, sich grundsätzlich von den Teilnehmern eine Haftungsausschlusserklärung unterschreiben lässt, deren Inhalt aber auch juristisch in Ordnung sein sollte.

    Nochmals, dies ist keine Rechtsberatung, sondern nur meine Meinung und Erfahrung.
    Insofern wäre es schon interessant hierzu auch die Meinung des Juristen zu hören.

    BMB
    Bernd
     
    Zuletzt bearbeitet: 27. Juli 2010
  4. G.Wuisman

    G.Wuisman schreibt regelmässig

    457
    17. März 2004
    Bernd, danke erstmal für die Unterstützung meiner Aussagen.

    Als Jurist und amtierender stellvertretender Richter kann ich nur sagen dass solche Erklärungen zwar das Bewusstsein der Teilnehmer erhöht aber nicht die Haftung der Organisatore ausschließt.
    In einer Zeitung (Financieel Dagblad) von Heute wurde ausführlich geschrieben über die Position der Duisburger Organisatore. Die wortführenden Experten behaupten dass die Organisatore eben eine Haftung haben für handeln einzelner Teilnehmer das nicht vorsehbar war aber durch die von ihnen geschaffenen Situation erregt ist.

    In diesem Sinne bin ich nicht einverstanden mit der Aussage Ullis
    Darauf hat man vorne alle Einfluss wenn man die Tempi vorne anpasst und als Leiter reglmässig dafür sorgt das die Gruppe wider formiert ist. Das Problem bei Kolonnenfahrten sind also wohl die vorgegebenen Tempi am Kolonnenkopf und eine nicht auf mässige Tempi abgestimmte Planung.
     
  5. majus

    majus mag 60er Jahre Mercedes

    985
    22. Mai 2005
    Moin,

    damit habe ich generell auch gute Erfahrungen gemacht.

    Beim Motorradführerscheinkurs, der hier in der Schweiz zumindest immer in kleinen Gruppen stattfindet, wurde diese Regel auch vermittelt. Es ist aber leider - obwohl die Regel ja unglaublich simpel ist - nicht jedem Teilnehmer des Kurses gelungen, vor einer Abbiegestelle rechts anzuhalten und auf den Hintermann zu warten. Die sind entweder einfach weiter gefahren oder haben hinter der Abbiegestelle gewartet oder sind sogar umgedreht... Denen sollte man eigentlich den Lappen gar nicht geben... ;-)

    Grüße
    Marius
     
Schlagworte:
Müller Classic Motors
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