Kaufberatung, 280 SL

Kleine Kaufberatung Pagode 280 SL:

Das Wichtigste beim Pagodenkauf ist die Beurteilung des Allgemeinzustandes und damit auch der allzu auffälligen Roststellen, wesentlich jedenfalls an den typischen Stellen.

A. Erste Rundumschau – mag ich die oder stößt sie mich ab?:

Außenpartie:
Zuerst einmal sollte man einen Blick auf das Äußere und in den Innenbereich werfen, um festzustellen, ob der Wagen einem überhaupt optisch liegt und ein weiteres, genaueres Hinsehen überhaupt noch Sinn macht. Dann schaut man außen ohne Detailbetrachtung auf evtl. leicht erkennbare Roststellen im allgemeinen Karosseriebereich, der normalerweise weniger von Rost befallen wird wie Kotflügeloberflächen, weitere Lampenumgebung, Aussehen des hinteren Hardtopbereiches, Lack unterhalb der Zierleisten, also Richtung Fahrbahn (Ausblühungen) etc. Macht das Alles einen passablen Eindruck, fluchtet man mit dem Auge in knieender Stellung von hinten über die Radhäuser, um zu schauen, ob die Kuvatur der nach unten laufenden Radhaus-"Nasen" bei beiden Kotflügel gleich verläuft oder ob der eine oder beide KF eine nicht ganz passende Abweichung hat, die oft in einer Gegenlinie leicht nach oben zu bemerken ist,- klar, hier wurde bereits nachgearbeitet, was allerdings nicht unbedingt schlimm sein muss. Der gleiche Blick entlang der mittleren Zierleisten zeigt, ob hier alles im "Lot" ist, schwänzelt die Linie hin und her, hast da schon mal gekracht oder es wurde unsachgemäß "gefummelt",- ist auch nicht schlimm, wenn kein Rost vorhanden ist,- nebenbei Haube, Kofferraumdeckel und Türverkleidungen sind ja aus Alu. Die gleiche Betrachtung widmet man dann der Scheinwerferpartie. Hier gibt die Form der von dem Chromring aus weglaufenden Struktur der Karosserie guten Aufschluss darüber, ob hier bereits, was als sicher gelten kann, nachgearbeitet wurde, entscheidend ist jedoch, ob sach- oder unsachgemäß nur "irgendwas hingespachtelt" wurde. Die Form des Chromringes gibt exakt den Verlauf der kleinen Erhebung im Karosseriebereich vor und muss genau fluchten,- wenn’s allerdings nicht verrostet ist, kann man das nat. auch später korrigieren, das wäre kein Grund ...). Tipp hierzu: findet sich die innen, also Richtung Grill, liegende kleine "Kerbe" im oberen Drittel des Chromrings auch im Kotflügelbereich als ca. 2 cm lange "Nase/Einkerbung" wieder, ist höchste Vorsicht geboten und keinesfalls in Verzückung auszubrechen :-))) Entweder war hier ein Profi-Betrieb am Werk oder der Wagen ist noch im Originalzustand, was allerdings mehr als unwahrscheinlich ist,- oder er hat diesen Artikel gelesen :-((( Die Spaltmaße sollte man natürlich bei der äußeren Betrachtung auch einmal kontrollieren, ob einfach zwischen Fahrer- und Beifahrerseite große Abweichungen vorhanden sind und überhaupt,- sie sollten wenigstens einigermaßen gleichmäßig ausfallen und die Türen richtig in ihrer "Flucht" abschließen. Dasselbe gilt natürlich auch für Motorhaube und Kofferraumdeckel.

Innenraum:
Der Blick in den Innenraum verschafft einem dann leicht die Erkenntnis, ob hier nur ein pingeliger Vorbesitzer am Werke war oder sich Leder, Teppiche, Armaturenbrett etc. in bemitleidungswertem, d. h. feuchtem, verrottetem und schimmeligem Zustand befinden. Hat alles nur normale Gebrauchsspuren je nach Kilometer-Leistung, kann man sich an weitere Untersuchungen wagen, denn eine Pagode, die äußerlich verschlissen ist, hat mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keinen Vorbesitzer gehabt, der erst einmal unnerum alles schweißen und in Ordnung hielt, bevor er nicht parallel auch oben für das Äußeres was getan hätte, die Vorbesitzer waren oft Ärzte und Vertreter anderer Berufsgruppen, die ordentlich mit ihren Fahrzeugen umgingen und meist bei MB alle Wartungen und Reparaturen durchführen ließen, was nicht unbedingt was Positives heißen muss. Ich denke sogar, dass unter dieser Prämisse, das Auto innen recht gut aussehen, aber nicht sichtbar "von unten und innendrin" bereits massiv geschädigt sein kann. Der Blick auf die Abnutzung des Gas- und Bremspedals sollte Aufschluss über die gefahrenen km geben, außer die Gummiauflagen sind richtig neu, also kaum abgenutzt, dann ist besondere Vorsicht angebracht. Die Frage der Kopfstützen und der 3-Punkt-Gurte will ich hier nicht ansprechen, da solche Teile nach- oder umrüstbar sind,- kein Problem auch ohne Gurte zu fahren, es besteht keine gestzliche Verpflichtung dazu, dto. die Warnanlage, die eigentlich vorhanden sein muss! Die Betrachtung des Verdeckkastens und aller damit zusammenhängenden Teile kann ich nicht beschreiben, da ich persönlich nur eine Pagode "California" habe, die kein Verdeck und nur ein aber abnehmbares Hardtop hat. Auf verschimmeltes und sprödes, eingerissenes äußeres Verdeck, verbogene Verdeckstangen brauche ich sicher nicht hinzuweisen, das sieht man ja. Fällt weiterhin der Gesamteindruck gut aus, ist u. a. die Inspektion des Kofferrauminnenlebens unabdingbar:

Kofferraumeindrücke:
Grundsätzlich müssen immer alle Matten, egal wo, raus genommen werden, um den gesamten Unterboden und alle Nähte der Karosserie begutachten zu können. Alle, in diesem Fall 2, sichtbaren Gummistöpsel werden entfernt und mit der Taschenlampe ausgeleuchtet,- glänzt hier alles weiß-grün-gelblich-milchig, wie auch sonst bei den Gucklöchern im Innenraum, ist alles noch rostfrei und im Original-Zustand. Ist unter der geriffelten Gummimatte, so sie noch original vorhanden ist, links in FR gesehen kein Wasser oder Rostansatz im Kofferraum, ist dies schon mal ein sehr gutes Zeichen.

Traversen:
Genauso sollte man von unten bei den unter dem Kofferraum und auch weiter vorne liegenden Längs- und Quer-Traversen nachschauen, Gumminippel entfernen, in einen leuchten, in den anderen reinlinsen.

Motorraumbereich:
Dto. wäre der Motorraum zu betrachten,- sind die Nähte und Falzen rostfrei oder zeigen sich hier massive oder nur Flugrostansätze?

Nach dieser eher oberflächigen Betrachtung sollte man tiefer einsteigen:

B. Der Profi,- die versteckten Roststellen:

typische Roststellen und leicht aufzuspüren sind diese:

  • Bodenbleche unten aufsteigend zum Motorraum,- meist "durch" oder bereits geschweißt, von außen zu sehen oder von innen nach Entfernen der Fußmatten und Dämmlage an Rostspuren zwischen auch seitwärtigem, inneren Schweller und Bodenblech bestens auszumachen,
  • Hohlräume, durch Schotte geteilt, im Fußbereich vor der A-Säule,- Armaturenbrett-Unterverkleidung ab, Chromleiste an Tür – 4 Kreuzschlitzschr. raus, Verkleidung ab und reinleuchten/schauen,
  • Spritzschutzblech im vorderen Radkasten abbauen und in Richtung Tür ausleuchten (wenn Beides innen und außen ab ist, erkennt man die Zusammenhänge und die Probleme), sind hier wie dort nur kleinere Rostquellen Richtung nach oben festzustellen, ist der Wagen überhaupt sicher ok.
  • Wagen hinten in der Wagenheberaufnahme – wie sieht diese aus ?- aufbocken,- schließen die Türen dann noch? und den obersten Punkt im hinteren Radkasten genau betrachten. Da ist ein Falz, der gerne am obersten Punkt rostet, bereits geschweißt ist oder vor sich hinrostet,
  • nimmt man die hinteren inneren Seiten-Verkleidungen ab, kann man diesen Punkt auch eingehend betrachten und beurteilen und
  • von dort aus unten an der B-Säule gut in die Tiefen des Schwellerbereichs - wenigstens einigermaßen - Einblick nehmen,- hier ist, wie vorne, grundsätzlich eigentlich Rost. Ist hier wie vor nur Flugrost, als ein leichter oberflächiger Rostansatz zu sehen, Auto sofort kaufen, denn dann ist er topp :-)
  • vordere Radläufe,- s. oben und Lampenkästen nach Ausbau der Scheinwerfer betrachten, bes. den Bereich des Spitzzulaufens des KF und des Lampenkasten beäugen,- Rostansätze: wo? Gäbe es nur an den Lampen Rost, sofort kaufen, denn das wäre das kleinste Problem, da die Statik ja ok ist, aber das wird es leider nicht geben,
  • vom Motorraum aus nachsehen, ob die innere Schottwand zum Kotflügelansatz oben schon mal nachgeschweißt wurde,
  • Radlaufkanten intensiv betrachten: doppeltes Blech? Zwischenunterrostungen, bröselig? mal mit nem Schraubendreher abklopfen, der Ton ändert sich, wenn es nur noch bröselt,
  • Übergang bzw. Stoßkante zwischen innerem und äußerem Schwellerbereich (2 Schrauben) im Vorderbereich des hinteren Radlaufs genau betrachten, "steht" der oder fehlen hier schon Teile,
  • vorderer Radkasten hinten dto, das ist fast dasselbe Detail!, nur dass vorne das Schottwandblech das Gegenstück zur äußeren Schwellerfalzung darstellt,
  • an allen Kantungen bzw. Falzungen der jeweiligen Tiefpunkte der Holme befinden sich kleine einseitige Rundungen im Falz, die ein Ablaufloch für Wasser darstellen, sie müssen offen sein und bleiben!
  • besteht die Möglichkeit des Abbaus der äußeren Schweller, wäre das ein Segen, denn dann bekommt man den bestmöglichsten Einblick in den problematischsten Bereich der Pagode: innere Schwellererscheinung, Wagenheberaufnahmen. Grundsätzlich hier,- wenn’s geht, meist natürlich erst später bei Besitz des Wagens, 5 Stck. 1,0 cm oder größere Löcher bohren, je 1 Stck. vor und hinter jeder Wagenheberaufnahme im senkrechten Bereich mit ca. 3-4 cm Abstand zu dieser und 1 Loch in der Mitte des Schwellers. 1 kleineres Loch sollte zusätzlich an diesen Stellen von unten gebohrt werden, damit man "Licht" in die Sache bringt. Wenn man seitwärts reinschaut, da sieht man dann alles, ist beruhigt, weil nur Rost oder beunruhigt, weil kein Material – meist faustgroß - mehr zu erkennen ist, also Teile richtig weggerostet sind, dann ist eine Grundrestauration angesagt. Achtung: bei den Schotten, egal wo, fehlen meist halbrunde Ecken im unteren Bereich, die sind so werksmäßig vorgesehen, haben oft Rost an den Flanken, aber das schadet nichts, da fehlt also kein Material, wenn man dieses "Loch" sieht. Dieses Detail findet sich auch bei der Schottwand im Fußbereich der vorderen Seitenverkleidungen.

Kann man Teile, wie speziell den Schweller, nicht abbauen, sind Klopftests unabdinglich, die allein über ihr metallischen Klang oft Aufschluss über den Allgemeinzustand des Bauteils geben.

Ergebnis:
Sieht man hier an den beschriebenen Stellen überall Rost, wunderst den Pagodenfahrer nicht, denn das ist – für mich – normal, entscheidend ist, ob die Grundstruktur entweder über Fluid von Hodt oder Mike Sanders o. glw. direkt und so... sofort erhalten werden kann oder sofort Schweißmaßnahmen unabdingbar sind, da die statische Konstruktion gefährdet erscheint. Ist die Grundstruktur in diesen Bereich ok und nur angerostet, aber nicht in großen Teilen ganz weggerostet, lässt sich mit konservierenden Zwischenmaßnahmen eine Zeitbrücke finden, die einteilbar, damit überschaubar und finanziell planbar ist,- das sollte reichen und das braucht man sowieso,- irgendwie. Will sagen: haben alle die beschriebenen Teile notwendigerweise sowieso vorprogrammierte Rostansätze, ist dies normal und die P. ist sofort zu kaufen, wenn sie ansonsten äußerlich und innerlich nicht nur gefällt, sondern auch in allen Anbauteilen wie Chrom, Leder, Matten, Dach, Verdeck etc. einigermaßen akzeptabel ist.

Dies alles zu beurteilen, erfordert sicher nicht den Sachverstand eines "reinen Nur-Laien", sondern mindestens den, der bereits jahrelang mit solchen Autos gelebt hat und diese auch erhalten musste.

Technik:
Zur Motor- und sonstigen Technik, mache ich hier keine Kaufberatung, da diese sich meist sowieso über den Allgemeinzustand des Wagens und der sowieso überholungsbedürftigen Teile rein technisch relativiert. Die Technik einschl. Motor ist grundsätzlich ausgewogen, hat eine lange Laufdauer und ist äußerst strapazierfähig und damit "gutmütig",- ihr sollte weniger Beachtung geschenkt werden, als der Karosserie. Anders gesagt: springt der Wagen an, klingt dann der Motor und alles was dazu gehört, normal und kann man einigermaßen "ordentlich Go-Kart-Fahren", sollte man sich bei entsprechender KM-Leistung von bis zu ca. 220.000 km keine Gedanken machen, dannach allerdings sollte man den Einzug einer neuen Kette mit Gleitschienen etc. in den Kaufpreis als Sofort-Maßnahme einkalkulieren, - die evtl. Erneuerung der Motorlager, Stabi-Lager, Spurstangen, Stoß- und Lenkungsdämpfer etc. kann man in aller Regel "nachziehen",- selbst machen oder dann auch irgendwann mal machen lassen. Eine nicht funktionierende Heizungsanlage, gleich welcher Teile auch immer, wie Gestänge, Bowdenzüge, Kugelköpfe, Einstellhebel etc. sind unerfreulich, bedürfen richtiger Fummelei, aber das gehört bei einer P. halt dazu.

Ersatzteile:
Darüber braucht man sich am wenigsten Gedanken zu machen, denn alle Ersatzteile bekommt man bei MB, SLS Hamburg, Niemöller etc. oder auf Märkten neu oder gebraucht - nicht immer preiswert - zu kaufen.

Chrompflege-Tipp:
Den muss ich nicht nur hier noch einmal loswerden: Die besten Erfahrungen habe ich damit gemacht, das Chrom mit Fluid AS-R (Sprühflasche) oder Fluid Liquid (Gebinde) einmal im Jahr mit dem Finger satt einzureiben und in die kleinsten Pickel zu schmieren, das schützt und erspart im Frühjahr die stundenlange Chromputzerei (ich fahre die P. auch im Winter).

Und noch ein Tipp (gehört eig. nicht hierher):
Bei Fahren mit Super Plus sollten nach MB alle 5.000 km die Ventile neu eingestellt werden, alle Schmiernippel sind alle 3.000 bis 4.000 km abzuschmieren, also Schmierpresse kaufen. Der obere am Achsschenkel wurde von MB meist nur durch von außen mit dem Finger drangeschmiertes Fetrt als wirklich abgeschmiert dem Kunden verkauft, weil er schwer zugänglich ist, deshalb ist er auch meist im Eimer und kaum noch selber auszubauen (festgerostet). Alle Kühlerschläuche, aber wirklich alle, bes. der kleine zwischen Thermostatgehäuse und Block, sind möglichst sofort zu erneuern, die sind hin.

Artikel verfasst von Reinhard Pagode

Veröffentlicht:
18. August 2017
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Müller Classic Motors
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