Pagode kaufen, viele offene Fragen

Dieses Thema im Forum "Karosserie - Blechteile und Lackierung" wurde erstellt von pal1972, 1. Oktober 2019.

  1. Thomas E.

    Thomas E. Aktives Mitglied

    267
    12. Oktober 2009
    Hallo Stephan.

    Deine Situation und Deine Fragen kann ich gut nachvollziehen, weil ich vor 5 bis 6 Jahren in der gleichen Situation war. Nur hatte ich nicht annähernd eine Vorstellung davon was auf mich zukommen würde.

    Ich kann Dir aus meiner Erfahrung sagen, dass all Deine Fragen nur theoretischer Natur sind. Ist es besser dieses oder jenes zu kaufen? Sollte man eher hierauf oder darauf Wert legen? Usw., usw.

    Wenn Du mir erlaubst Dir das zu sagen, würde ich gerne sagen, dass Du Dir noch so viele gute Gedanken machen und einen Plan zurechtlegen kannst, es wird am Ende anders kommen.

    Entweder machst Du Dir zu viele Gedanken und wirst am Ende nie kaufen, weil Du irgendwann vor lauter Gedanken und Abwägungen gar nicht mehr weiß was Du noch machen sollst, oder Du denkst Du hast einen Plan und richtig entschieden und dann kommt es doch anders. Und vielleicht dann auf einmal sogar g a n z anders.

    Ich habe meine Pagode vor 5 Jahren als Note 1- / 2 +, mit Gutachten (2+) und frischem Tüv, nach einer dokumentierten Vollrestauration gekauft.
    Nach Übernahme stand fest, dass das Auto überall Öl verlor, die Bremsen nicht richtig gingen, der Motor kurz vor dem Kollaps war und das viele Anbauteile nicht zum Auto passten. Aufbaunummern gab es gar nicht, die Federn waren teilweise abgesägt usw. usw. Es gab eine Mängelliste von fast 80 Mängeln und einen fast drei Jahre dauernden Gerichtsstreit, der mit einem mittelprächtigen Vergleich ausging. (Was zu erwarten war!)

    Bis dahin war ich keinen Meter mit dem Auto gefahren! Also schon mal drei Jahre Versicherung und Garagenmiete für nix! Danach konnte ich dann anfangen die Mängel beseitigen zu lassen. Kostenvoranschläge von einschlägig bekannten und renommierten Betrieben waren jenseits von Gut und Böse. Es sah zunächst so aus, dass das Auto unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht in einen vernünftigen Zustand zu bringen war.

    Was tun? Das Auto mit den Mängeln verkaufen? Oder doch alles in Stand setzten zu lassen? Wie lange würde das dauern und was würde es am Ende wirklich kosten?

    Es gab dann Kostenpläne und Vorstellungen und ich entschied mich mir das Auto fertig machen zu lassen, weil es mir gefiel und weil ich es wollte.

    Das ist nun zwei Jahre her und … wir sind immer noch nicht fertig. Und das bei einem Auto was komplett auseinander war! Ich rede hier nicht über Schweiß-. Lackier oder Satterarbeiten. Es geht „einfach“ nur darum das Auto zum Funktionieren zu bringen. Wenn Du sehen würdest, was alles nicht gemacht werden muss, weil es im Rahmen der Restaurierung schon gemacht wurde, dann würdest Du Dich fragen wieso „der Rest“ so lange dauert und wieso das so teuer (aktuell etwa 40.000 € ) ist.

    Du glaubst nicht, was bei den Arbeiten alles schief gegangen ist. Immer wenn etwas aufgemacht wurde, wurde das nächste Problem gefunden. Aus den anfänglichen ca. 80 Mängeln und Problemen sind viele, viele mehr entstanden. Ich habe gar nicht mehr gezählt und ich kann sicher auch gar nicht mehr alle erinnern. Auf jeden Fall habe ich erfahren, dass der Teufel im Detail steckt. Ich habe gelernt wie schwer manche Teile zu halbwegs akzeptablen Preisen zu bekommen sind. Ich habe gelernt wie lange alles dauert. Falsche Teile werden sogar von serösen Lieferanten geliefert oder sie haben einfach nicht die passenden Masse und schon sind mal wieder zwei oder drei Wochen weg nur um dann doch noch was Passendes zu finden.


    Du scheinst jemand zu sein, der sich viele viele Gedanken macht. Ich auch. Packst Du dieses Thema an, wirst Du Kopfschmerzen bekommen. Bei vielen, vielen Reparaturen stellt sich die Frage „mache ich es so oder mache ich es so?“


    Will sagen: Kaufst Du absichtlich oder versehentlich ein „schlechtes“ Auto, dann verabschiede Dich von der Idee eine zeitliche und eine preisliche Zielvorgabe festlegen zu wollen. Du wirst niemals wissen wie lange es dauert und nie wie teuer es werden wird.


    Würde ich heute vor Deiner Entscheidung stehen oder Dir etwas raten wollen, dann würde ich sagen es gibt mehrere Wege:

    • Kaufe ein überteuertes Auto aus renommiertester Quelle und gebe Deinem Anwalt schon mal die Akte, weil das Auto höchstwahrscheinlich auch nicht perfekt ist und weil Du Dich ärgern wirst, da man Dir „perfektes“ für extrem viel Geld versprochen hat.

    • Kaufe ein Auto von einem Besitzer, der ein Auto (w.o.) selbst gekauft hat und der das Auto nach kurzer Zeit und wenigen Kilometern mit immensem Wertverlust wieder verkauft weil er doch keinen Spaß dran hat.

    • Kaufe ein „gutes“ Auto von jemandem der es lange hatte, „jede“ Reparatur und Wartung nachweisen kann und den man in der Szene kennt und der einen guten Ruf hat. Z.B. wenn hier jemand ein Auto verkauft, dann wissen in der Regel andere Mitglieder ob das Auto gut ist oder nicht. (Hinweis: Auch das ist keine Garantie dass es nicht Überraschungen gibt!)



      Mit den angedachten 60.000 € wirst Du dann nicht hinkommen und die 10.000 € in der Hinterhand würde ich auch mal vergessen. Oder sagen wir es anders: Du könntest natürlich auch Glück haben, aber sehr wahrscheinlich ist das nicht.

      Ich würde sagen: Kaufpreis „x“ und offener Betrag in der Hinterhand. Alles andere macht keinen Sinn. Du solltest kein Maximalbudget für Reparaturen haben sondern wenn es sein muss bereit sein zu investieren was nötig ist.



      Was ich nicht raten würde:

      Kaufe kein Restaurierungsobjekt oder erkennbar mangelhaftes Auto, wenn Du nicht zeitlich und finanziell völlig schmerzfrei bist. Lass es lieber, es macht nur Kopfschmerzen und kostet Dich Nerven ohne Ende. Deine Frustrationsschwelle muss dann sehr hoch sein.



      Hinweis am Rande: Vergiss Gutachten und TüV Berichte. Sie sind ganz oft das Papier nicht wert auf dem sie gedruckt sind!

      Es zählen nur objektive Prüfungen durch einen wirklichen Fachmann. Und um annähernd zu wissen was mit dem Auto los ist, wird man Stunden darin und darunter verbringen. Lackschichtenmessung und Kompressions-/ Druckverlustprüfung sollten genauso obligat sein wie eine wirkliche A u s g i e b i g e Probefahrt im Stadtverkehr, auf der Landstraße und der Autobahn. Und danach sollte man das Auto noch mal auf die Bühne bringen und sehen ob da wo vorher kein Öl war anschließend auch keins ist.



      Und selbst wenn Du alles beachtest und dann wirklich noch „Dein“ Auto findest, am besten Deinen Typ in Deiner Farbkombi….. wirst Du am Ende vielleicht Glück haben oder auch nicht!

      Ich glaube an das Schicksal und den Zufall. Beides lässt sich nicht berechnen.

      Schlusswort: Befreie Dich von der Vorstellung die Sache bis ins Detail planen zu können. Entscheide Dich, wenn Du das Auto gefunden hast von dem Du meinst das ist es. Und dann geh Deinen Weg und lass Dich überraschen.


      Ich sage immer „Leidenschaft“ kommt eben von Leiden. Dazu muss man im schlimmsten Fall bereit sein, aber … man könnte ja auch mal Glück haben.



      Und ganz zum Schluss für alle: Ich rede nicht davon meine Pagode in einen 1ser Zustand zu bringen. Das wäre gar nicht möglich. Trotzdem verschlingt alles große Summen. Leider!
     
    Zuletzt bearbeitet: 14. Oktober 2019
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  2. Ulli

    Ulli Altbenzlenker

    3. April 2004
    Kann man in weiten Teilen zu 100 % unterschreiben.

    Gruß

    Ulli
     
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  3. Thomas E.

    Thomas E. Aktives Mitglied

    267
    12. Oktober 2009
    Hallo Ulli.

    Ist natürlich auch nur meine Erfahrung und nur meine Meinung und das ist alles auch immer individuell zu sehen. Andere Menschen haben auch andere Erfahrungen gemacht. Der geneigte Leser/Fragende wird sicher abwägen.

    Trotzdem schön, dass Du meine Einschätzung in weiten Teilen teilst.

    LG
    Thomas
     
  4. MartinK

    MartinK schraubt hemdsärmelig

    19. Mai 2012
    Moin, das ist der Kernsatz --->
    Vermeidbar durch zu Rate ziehen eines Menschen, der sich auskennt. Wenn die Mängel wirklich so gravierend waren, hätte ein Typreferent vom Pagode Club. z.B. weiter geholfen. Ich will nix in den Himmel heben, aber bevor ich mein Auto gekauft habe, habe ich ein Album von etwa 300 Bildern an jemand aus dem Pagode-Club geschickt, der mir empfohlen wurde. Dabei war ich nicht mal Mitglied! Der hat mir geantwortet, hat mir gesagt, was gut, und was schlecht ist und dann war es meine Entscheidung.

    Aber wer ein Auto aufgrund von einem "netten" Gutachten und einer gültigen HU kauft, dem ist nicht zu helfen.

    Gruß, Martin
     
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  5. Thomas E.

    Thomas E. Aktives Mitglied

    267
    12. Oktober 2009
    Hallo Martin.

    Stimmt absolut. Zwar wären sicher nicht alle Mängel erkannt worden, aber nach einer fachgerechten Einschätzung der groben Mängel hätte ich das Auto schon nicht mehr gekauft.

    Gruß Thomas
     
  6. meise

    meise Aktives Mitglied

    459
    16. Februar 2009
    Hallo Zusammen,

    ...war umfassend von Thomas beschrieben und von vielen hier sicher nachvollziehbar, die ihr Auto auch mal gesucht und irgendwie gefunden haben.
    Ich möchte hier auch gerne mal eine Lanze für eine Zustand 3 Pagode brechen, die im Wesentlichen gepflegt ist...es muss nicht immer das ewig beschriebene Ziel einer Zustand 1 Pagode, möglichst 280er, sein. Das kostet viel Nerven und auch viel Geld und wenn es dann mal soweit ist, hat man vor allem Angst: vor zu vielen Kilometern, Regen, nicht überdachten Stellplätzen für die Nacht...überhaupt vor Stellplätzen, die nicht militärisch gesichert sind und so weiter.
    Man kann auch mit einem nicht perfekten 230er sehr glücklich werden. Ich habe die anfangs auch bei mir vorhandene Absicht, den Wagen deutlich zu verbessern, zu den Akten gelegt. Ein hier im Forum anerkannter Fachmann hatte mir mal dazu gesagt.."fahr' ihn doch einfach" ..und genauso mache ich es.
    Ich hatte beim Kauf allerdings einen in kompetenten Gutachter dabei (wozu ich nur raten kann) und habe letztlich bekommen, was ich gewollt habe, ohne zusätzliche Überraschungen.

    Interessant könnte die Frage, ob 60000,- Euro für eine gute bis sehr gute Pagode möglicherweise reichen, aus einer anderen Ecke werden...der Preis als Ergebnis von Angebot und Nachfrage ist nicht in Stein gemeißelt; ich denke, dass wir mit unseren Oldies aus der derzeitigen CO2-Debatte nicht schadlos heraus kommen werden, wenn man sieht, wie sie geführt wird...typisch deutsch, hysterisch, im Empörungswahn. Wenn der gesellschaftliche Daumen, der für Oldtimer derzeit (noch) nach oben zeigt, mal nach unten geht, weil wir ja Stinker sind (es soll ja in dieser Hinsicht bereits Anfeindungen gegeben haben, wie in einer Oldie-Zeitschrift zu lesen war), dann werden Pagoden auch mal günstiger...
     
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  7. Sinan

    Sinan Aktives Mitglied

    23. November 2004
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    Zuletzt bearbeitet: 28. Oktober 2023
    Memmo gefällt das.
  8. d.Hahn

    d.Hahn Aktives Mitglied Mitarbeiter Administrator

    20. November 2003
    Hallo Sinan,

    dem kann ich durchaus zustimmen. Wenn da nicht das Alter des Durchschnittlichen Pagodenkäufers wäre.

    vG
    Detlef
     
  9. Mark-RE

    Mark-RE Aktives Mitglied

    19. Juni 2018
    Bei nem Oldtimer ist dass wie bei nem Hausbau. Man kann planen, gucken, machen, tun, rechnen, aber irgendwann muss man einfach ins Wasser springen, sonst schaut man ewig von draußen zu und denkt sich "hätte ich mal"...
     
  10. Dirk H

    Dirk H Aktives Mitglied

    348
    23. März 2011
    Wenn ich dies alles lese, ich glaube ich würde gar keine Pagode kaufen. :-( Da bekommt man ja mehr Angst als Freude.
    Grüssle
    Dirk
     
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  11. driver

    driver Aktives Mitglied

    833
    4. April 2004
    Wie hat man das früher gemacht, einfach losgezogen , dreimal um so einen Mistbock rumgelaufen und gekauft, dann sogar ohne Ahnung von Technik einfach mal quer durch die Staaten .
    Ich glaube die Kisten hätte ich heute gar nicht gekauft.

    Wolfgang
     

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  12. Mark-RE

    Mark-RE Aktives Mitglied

    19. Juni 2018
    Da waren die Preise in Relation zu deinem Portmonaitinhalt auch noch anders :D
    Ich hab früher auch mal Gebrauchtwagen gekauft, bezahlt, feddig, ohne weiter nach zu schauen...
    Wenn der Gebrauchtwagen heute aber nich mehr 1500€ sondern 5500€ kostet, dann guckt man doch nochmal genauer nach und macht ne Probefahrt, etc...

    Und trotzdem gibts heute Leute, die kaufen für 80 ne Müllpagode, stellen fest dass alles kaputt ist, stellen es in die Werkstatt und sagen "machen sie es halt fertig, dann ists doch gemacht" ohne mit der Wimper zu zucken...
     
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  13. MartinK

    MartinK schraubt hemdsärmelig

    19. Mai 2012
    Alles akademische Sandkastenspiele. Wenn ich heute eine Pagode zu kaufen hätte. Mit dem Wissen von heute. Wissen, was alles kaputt geht, was nie gewartet wird, was alles kostet, dann würde ich keine mehr bekommen.

    Gut, meine habe ich damals 2012 für ein Handgeld gekauft, bin natürlich auch in Werkstätten beschissen worden, habe noch mehr investiert und alles so gemacht, damit ich nie wieder ran muss. Wenn ich mir vorstelle, so ein Fahrzeug, wie ich es damals kaufte für 50.000 mehr kaufen müsste, dann hätte ich darauf keine Lust. Gruß, Martin
     
  14. Dirk H

    Dirk H Aktives Mitglied

    348
    23. März 2011
    [​IMG]Ich liebe die alte Dame immer noch. :) Auch wenn ich sie nun verkaufen werde.
     
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  15. Sinan

    Sinan Aktives Mitglied

    23. November 2004
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    Zuletzt bearbeitet: 28. Oktober 2023
  16. SydB

    SydB deaktiviert

    67
    26. Juli 2019
    Mir gefallen eigentlich die Modelle in US Ausführung mir den speziellen Scheinwerfern, Seitenstrahlern und Stoßstangenhörnern sehr gut. Ich könnte mir sogar vorstellen entsprechend um zurüsten wenn ich denn eine Pagode hätte.
     
  17. Dirk H

    Dirk H Aktives Mitglied

    348
    23. März 2011
    Also keine Bange, im Augenblick ist es nur meine und...verzeih, wenn man zu faul ist und für die eigene Arbeit keine Taler möchte.... :) Ich gehe mit 55 in Pension. Und...man sollte immer einen Mittelweg finden. Denn...das Leben ist zu kurz um Kompromisse zu machen
     
    Zuletzt bearbeitet: 17. Oktober 2019
  18. ursodent

    ursodent ursus antennae

    9. Mai 2004
    Geiler Weg!
    Kann ich so etwas von nachvollziehen....:bierkrug:
     
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  19. Sinan

    Sinan Aktives Mitglied

    23. November 2004
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    Zuletzt bearbeitet: 28. Oktober 2023
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