Geschichten, die das Leben schreibt: 2 Schönheiten in Silber und Dunkelblond

Dieses Thema im Forum "der Stammtisch" wurde erstellt von pakko, 19. September 2005.

  1. pakko

    pakko ..schraubt momentan wenig

    57
    16. Juni 2005
    Heute will ich Euch von zwei Ladies berichten. Die eine hat als Körbchengröße ein Volumen von 2.8l und blubbert genügsam vor sich hin, wenn man den Schlüssel zum Herzen dreht. Sie ist silbergrau, kommt gerade vom Liften und hat ihr Diplom von Prof. Tüv bekommen. Sie ist für ihr Alter eine enorm attraktive Dame. Die andere ist etwas jünger, sehr schön anzusehen – nicht silbergrau sondern noch dunkelblond – und hat es mir mindestens genauso angetan. Erstere hat mich Blut und Schweiß(en) gekostet, letztere dafür Krokodilstränen. Neben den zwei Ladies gibt es noch einen buddhistischen Mönch in dieser Geschichte, aber nun lasst mich beginnen:

    Es sollte eine wundervolle Woche werden. Die Papiere von Prof. Tüv in der Hand, meine Geburtstagsfeier und obendrein noch als Gast auf dieser Feier meine Herzensdame, die ich zwar erst einmal getroffen hatte, aber von der ich gleich gewusst habe, dass sie eine besondere Rolle in meinem Leben spielen würde. Die Feier war großartig, und gleich am nächsten Tag saß ich mit ihr in der Eisdiele. Um keinen falschen Eindruck zu erwecken und einen ultimativen Test zu machen, chauffierte ich sie in meinem jägergrünen 15-Jahre-alten japanischen Kleinwagen, meinem Erst- oder Zweitwagen, je nachdem, wie man es betrachtet. Entweder man sagt, ich brauche den Japaner, um die Pagode im Winter zu schonen, oder man sagt, ich brauche die Pagode, damit ich meinem Chef unter die Augen treten kann. Er findet als Daimler-Veteran nämlich nichts schlimmer als japanische Autos und sagt immer, dass die Generationen vor ihm gegen Napoleons Truppen, den Russen usw. gekämpft haben, und dass seine Generation Japan als Gegner hatte. Ich bin nicht seiner Meinung und sehe Japan als Gleichgesinnten, der auch mit China seine Probleme hat, aber das ist eine andere Geschichte. Jedenfalls nimmt mein Chef mich dank Pagode (ein 190D würde eigentlich auch reichen) wieder als ernstzunehmenden Menschen wahr. Zurück zur anderen Schönheit, für die auf keinen Fall noch eine Ergänzung für die kalte Jahreszeit in Frage kommt. Ich traf sie nach der Eisdiele ein paar Tage später zu einem Tête-à-Tête-Spaziergang. Der Abend war schön, und es war eine tolle Gelegenheit, die beiden Schönheiten in meinem derzeitigen Leben zusammenzubringen. Die silbergraue macht mit der dunkelblonden viel mehr Spaß, während die dunkelblonde der silbergrauen nicht unbedingt bedarf. Ich fuhr also zu ihr, mit geöffnetem Verdeck, und ließ das Telefon klingeln, damit sie vor die Tür kommt. Sie stieg ein, war aber eher schweigsam. Wir fuhren ins Grüne. Bis in die tiefe Dunkelheit gingen wir spazieren, die Zeit verging wie im Fluge (oder Pagode Fahren), wir führten unglaublich anregende Gespräche. Als es kalt wurde, schmiegten wir uns auf einer Bank aneinander. Irgendwann war auch die dickste Jacke zu dünn, und wir setzten uns in die 35-Jahre-alten schwarzen Ledersessel, die vielleicht früher schon das eine oder andere Liebespaar beherbergt hatten. Wir unterhielten uns noch endlos und kuschelten ein bisschen. Mitten in der Nacht brachte ich sie nach Hause, wir verabschiedeten uns, und es kam zu einem heiß ersehnten zarten Kuss. Wir sind wohl beide von Glück erfüllt in unsere Betten gefallen und freuten uns schon auf das nächste Treffen.

    Am folgenden Abend kam ein Anruf: es wird nichts aus uns! Warum? Sie fühle sich nicht wohl dabei, dass ich schon ein bisschen älter sei und deshalb mehr erreichen konnte. Und wie kommt sie darauf? Als sie mich in der Pagode gesehen habe, sei sie sich dessen bewusst geworden, dass sie Probleme damit haben würde, dass ich im Leben schon etwas weiter fortgeschritten bin. Das war’s dann.

    Die Angelegenheit belastete mich so sehr, dass ich an die Überlieferung von einem japanischen Buddhisten denken musste. Er war Mönch und hat buddhistische Lehren studiert. Er saß jeden Tag zur Meditation in einem Tempelgarten von Kyoto. Dort stand auch ein Meisterwerk von einem Tempel, eine Pagode ganz filigran aus Holz geschnitzt. Jeden Tag betrachtete er diese wunderschöne Pagode, und sein Schmerz wurde immer stärker, weil er die göttliche Schönheit, Form und Makellosigkeit der Pagode nicht ertragen konnte. Irgendwann übernahmen seine Gefühle die Kontrolle, und er steckte die Pagode 1950 in Brand. Daher gibt es die schönste Pagode in Kyoto – wenn nicht der ganzen Welt – nicht mehr.

    Ich habe zwar nicht vor, meine Pagode anzuzünden. Aber obwohl ich erst seit wenigen Tagen die Nummernschilder habe, habe ich sie weggestellt. Das ganze ist eine Woche her, inzwischen konnte ich mich immerhin überwinden, mal in die Garage zu gehen.


    Die Geschichte von dem Mönch könnte ihr unter http://members.tripod.com/dennismichaeliannuzz/NotesGoldenPavilion.html nachlesen.

    Ich hoffe, der "etwas andere" Beitrag gefällt Euch - Viele Grüße und eine erfolgreiche Woche
    Pakko
     
  2. Pagodenschrauber

    Pagodenschrauber lebt schon fast hier

    14. Mai 2004
    Hi Pakko,

    doch, die Geschichte ist wahnsinnig interessant. Du bist sicher nicht der Einzige, dem mal sowas passiert ist. Ein Hobby ist eben nicht immer geeignet, verstärkend zu wirken...

    Ich sehe das aber so: Wenn die Dunkelblonde wirkliches Interesse gehabt hätte, hätte sie die Pagode nicht abgehalten.

    Man darf natürlich nicht den Eindruck erwecken, als wäre die Pagode das Zentrum des Lebens...

    Lass Dich nicht enmutigen, hol´ sie aus der Garage und gib ihr nicht die Schuld! Kopf hoch, es gibt auch noch andere Dunkelblonde!

    Gruss Chris
     
  3. traveller

    traveller Aktives Mitglied

    100
    16. Juni 2005
    Hallo Pakko,


    nimms leicht. Andere Mütter haben auch schöne Töchter.

    Wenn sie Hobby/Leidenschaft nicht vom persönlichen Gefühlen trennen kann wäre das langfristig sowieso nichts geworden. Es ist halt ein Teil von uns.
    Unsere Pagodenleidenschaft kann man wohl kaum mit irgendeiner aufgemotzten Prollkarre vergleichen wo nur der Wert oder soziale Status rausgekehrt wird. Natürlich ist Pagodenfahren nicht umsonst, aber ums Geld geht es uns doch dabei gar nicht. Ich habe gerade in unserer "Schraubergemeinschaft" das Gefühl, dass dies NIE ein Thema ist womit man sich von anderen distanzieren oder hervorheben will. Im Gegenteil, wichtig ist einzig und alleine der Spass an der Sache (Pagode) und wie meine Frau immer sagt: "solange er das macht, kommt er nicht auf andere blöde Gedanken". Dann gibt es auch keine Unterschiede wer schraubt, fährt oder irgend eine Rechnung bezahlt oder ob das Auto schon perfekt ist oder wie lange es noch bis dahin dauert. Wir genießen zunächst mal beide das Fahren mit der Pagode und nebenbei die anerkennenden, respektvollen und evtl. auch etwas neidvollen Blicke von Passanten die aber immer zumindest ein nettes lächeln übrig haben.
    So und nicht anders soll das auch sein und wir wollen das auch nicht anders. Wer da Probleme mit hat oder rein interpretiert paßt meiner Ansicht nach nicht dazu und ist selber schuld.
    Alter spielt da eigentlich auch keine Rolle. Man hat halt im Regelfall mit 18 noch nicht die Mittel für solch ein Hobby sondern nur den Traum und ich bin auch lange damit schwanger gegangen bevor die "Unvernunft" endlich gesiegt hat.

    Ich glaube Du hast da (leider) eine Ausnahmeerfahrung gemacht die uns Pagodenbesessenen aber nicht gerecht wird.

    In diesem Sinne. Es wird bestimmt bald irgend jemand mal wieder passend "nett lächeln" und dann nicht werten sondern genießen können.

    HP (der durchaus nur gute Erfahrungen gemacht hat)
     
  4. G.Wuisman

    G.Wuisman schreibt regelmässig

    457
    17. März 2004
    Hallo Pakko,

    Eine schön beschriebene aber ein bischen traurige Geschiechte. Ein Pagoden ist kein Porshe, Jaguar, Lamborgini, Spitfire oder MG. Das gibt die Fahrer eher ein 'leises' als sportives oder mancho Imago. Das muss man acceptieren.
    Der Untergang vom Pagoden ist teilweise den Fakt zu zuwitmen dass es wegen seiner Eleganz ein zu viel von Frauen beliebtes Auto worden war. Solche Frauen gibt es sicher noch immer. Man muss sie aber vielleicht nicht bei erster Begegnung abholen mit einer Freundin die man schon hat. Dann ist es für sie schwer zu entscheiden wer die echte geliebte ist. Und wie in der Schweiz gesagt wird: im zweifel nie!.

    Gerard Wuisman
    1970 280sl
     
    Zuletzt bearbeitet: 20. September 2005
  5. pakko

    pakko ..schraubt momentan wenig

    57
    16. Juni 2005
    Liebe "Leidensgenossen",

    vielen Dank für Eure netten Zeilen, es freut mich, dass ihr a) an der Geschichte ein bisschen Freude hattet und b) auch mitfühlt :)
    Ich glaube auch nicht, dass irgendjemand eine Pagode nicht schön finden kann, aber ich glaube, die Damenwelt kennt einfach Ängste, bei denen wir uns an den Kopf langen. Vielleicht haben manche auch zuviel Sex and The City usw. gesehen, wo eigentlich alle total kompliziert sind und keiner mit keinem dauerhaft klarkommt.
    Inzwischen bin ich wieder gefahren, und das Weltbild ist wieder einigermaßen ok. Pagode zu fahren ist - finde ich - einfach jenseits von den meisten Werte-Schubladen. So ein Auto fährt man eigentlich kaum, um es als Aushängeschild zu haben - dafür ist der Arbeitsaufwand viel zu groß. Ich dachte mir, dass es eben kein neuer Porsche oder so ist (obwohl man einen 996 ja ohne Probleme zum Preis einer besseren Pagode bekommt) -das ist auch so. Und dass man damit weit entfernt von den typischen kleinbürgerlichen Vorstellungen in Deutschland ist (z.B. was die Nachbarn sagen, dass man auf keinen Fall ein -wenn auch nur scheinbar- größeres Auto als sein Chef haben darf usw...).
    Die graumelierten älteren Herren blicken einem ja nach, aber vielleicht auch die eine oder andere junge Dame mit gutem Geschmack!

    Gerard, Du hast recht, ich mache weiterhin den ultimativen Test und zeige zuerst nur meinen japanischen Rostkübel :)

    Gruß von Pakko

    P.S.: Bin ich eigentlich der jüngste Pagoden-Besitzer hier im Forum? Ich hatte schon mal ne Email von einem hier bekommen, der noch recht jung ist, und bei dem die halbe Familie vernarrt ist...aber gibt es noch einen, der wirklich mit Freud und Leid seiner Pagode auf sich gestellt ist? Also ich bin jetzt 27 und habe das Auto mit 26 von dem Geld aus Studenten-Nebenjobs sowie meinen ersten paar Gehältern gekauft. Finanziell spürt man das Auto natürlich in meinem Alter deutlich, aber mit Eigenarbeit geht es halbwegs. Und 3-4000 EUR
    kostet vermutlich auch ein neuer Golf im Jahr...aber da kann VW noch so viele Werbekampagnen für den neuen Golf GTI usw. machen - von den Emotionen her kommt so ein Auto einfach nicht an eine Pagode ran (und vom Stil her sowieso nicht)!
     
  6. Uli aus S

    Uli aus S Aktives Mitglied

    28. April 2004
    Ich bin...

    ...mit 44 ein alter Sack.

    Hi Pakko,

    zu meiner Ehrenrettung kann ich auf 8 Pagodenjahre zurückblicken - somit war ich mit 36 noch halbwegs grenzwertig :).

    Gruß

    Uli aus S
     
Müller Classic Motors
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