Anschnallpflicht...

Dieses Thema im Forum "die Mercedes Benz „Pagode“" wurde erstellt von ZwoachtzigSL, 21. Juli 2005.

  1. ZwoachtzigSL

    ZwoachtzigSL deaktiviert

    5. September 2004
    Wegen der saublöden Befestigungspunkten der 'Gurte' habe ich
    schon mehr wie einmal bedauert, dass meine Pagode nicht ein
    paar Jahre älter ist. Beim Stöbern im Internet bin ich zufällig
    auf einen interessanten Artikel gestossen:



    Mitverschulden trotz nicht bestehender Anschnallpflicht
    (Dezember 2000)

    Auswirkungen eines Urteils des Oberlandesgerichts Karlsruhe
    im Hinblick auf historische Fahrzeuge ohne Sicherheitsgurte.
    Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat im Rahmen eines Rechts-
    streits anläßlich eines Verkehrsunfalles entschieden, dass den
    nicht angeschnallten Passagier ein Mitverschulden treffe, trotz
    des Nichtbestehens einer Anschnallpflicht, wenn er sich beim
    Unfall Verletzungen zuzieht (Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil
    vom 09.07.1999 -10 U 55/99 -).

    Ein Urteil, das auch für Fahrzeugführer historischer Fahrzeuge
    ohne Sicherheitsgurte Auswirkungen haben dürfte.

    In dem vorliegenden Fall fuhr die Klägerin in einem viersitzigen
    Coupé in der Mitte der Rücksitzbank mit. An ihrem Platz befand
    sich kein Anschnallgurt. Der Beklagte verlor die Kontrolle über
    sein Fahrzeug, kam von der Fahrbahn ab und überschlug sich
    mehrfach. Die Klägerin erlitt schwere Verletzungen. Die Klägerin
    machte nun Schadenersatz gegen den beklagten Fahrer wegen
    dessen Fahrverhaltens geltend.

    Der Beklagte und dessen Haftpflichtversicherung hielten der
    Klägerin entgegen, dass sie ein Mitverschulden treffe, weil sie
    nicht angeschnallt gewesen sei. Die Klägerin war der Auffassung,
    dass keine gesetzliche Verpflichtung zum Anschnallen bestand,
    da für Ihren Platz kein Sicherheitsgurt vorhanden gewesen sei
    und demzufolge auch kein Mitverschulden vorläge.

    Die Vorinstanz, das Landgericht Mannheim, folgte der Ansicht der
    Klägerin und führte aus, dass ihr kein Mitverschulden vorgeworfen
    werden könne, da ihr Sitzplatz nicht mit einem Sicherheitsgurt aus-
    gestattet gewesen sei.

    Das Oberlandesgericht Karlsruhe sah dies anders. Zwar hätten weder
    der Fahrer, noch die Klägerin, dadurch gegen die Straßenverkehrs-
    ordnung verstoßen, dass in dem für vier Personen zugelassenen
    Sportcoupé fünf Personen mitgefahren seien, da eine höchstzulässige
    Zahl von zu befördernden Personen nicht gesetzlich bestimmt sei. So
    lange das zulässige Gesamtgewicht nicht überschritten werde, könne
    allein der Umstand, dass mehr Personen befördert würden, als Sicher-
    heitsgurte vorhanden seien, eine Gesetzesverletzung nicht begründen.

    Die Klägerin habe allerdings gegen ihre eigenen Interessen verstoßen
    und sich einer erhöhten Gefahr ausgesetzt, indem sie sich auf einen
    Platz ohne Sicherheitsgurt begeben habe, so das Oberlandesgericht
    Karlsruhe in seiner Urteilsbegründung. Dies habe letztlich dazu geführt,
    dass die Klägerin schwerwiegende Verletzungen erlitten habe. Das
    Oberlandesgericht Karlsruhe bewertete das Mitverschulden mit einer
    Quote von 20 %. Das Gericht kürzte die Schadenersatzansprüche der
    Klägerin entsprechend.

    Die beiden Mitfahrerinnen auf der Rückbank hatten sich ebenfalls
    nicht angeschnallt. Für sie waren jedoch Gurte vorhanden. In einem
    Paralellverfahren wurde ihr Mitverschulden mit 40 % bewertet, da für
    sie sowohl eine Anschnallpflicht als auch die Möglichkeit zum Anschnallen
    bestand.

    Das Urteil ist insbesondere deshalb für Fahrer historischer PKW inter-
    essant, da viele dieser Fahrzeuge nicht über Sicherheitsgurte verfügen.
    PKW, die vor dem 01.04.1970 zum Verkehr zugelassen worden sind,
    sind nicht mit Gurten nachzurüsten. Bei Fahrzeugen zwischen dem
    01.04.1970 und dem 01.04.1974 entscheidet das Vorhandensein von
    entsprechenden Verankerungen über die Nachrüstung.

    Nach dem vorliegenden Urteil kann es demnach passieren, dass dem
    Fahrer eines historischen Fahrzeuges ohne Anschnallgurte im Falle eines
    Unfalls eine Mithaftung eingeräumt wird, obwohl für ihn die Pflicht zum
    Anschnallen nicht bestand. Die Mithaftung bezieht sich allerdings nur auf
    die eigenen Verletzungen. Kommt es in Folge eines Unfalls zu Verletzungen,
    wird man wohl immer zum Ergebnis kommen, dass Verletzungen durch die
    Tatsache, dass man nicht angeschnallt war, erheblich erschwert worden
    sind. Den Gegenbeweis zu führen, wird schwer fallen. Fahrer von histor-
    ischen Fahrzeugen ohne gesetzlich vorgeschriebene Anschnallgurte sollten
    deshalb im Straßenverkehr eine erhöhte Vorsicht walten lassen.

    Quelle: Rechtsanwalt Andreas Bode, Burkantat Rechtsanwälte, Hannover
     
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Müller Classic Motors
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