Meine Erfahrung Überholung Vorderachse

Dieses Thema im Forum "Technik - Motor, Getriebe und Fahrwerk" wurde erstellt von chris-on-air, 4. Juni 2017.

  1. chris-on-air

    chris-on-air Aktives Mitglied

    53
    21. März 2015
    Hallo zusammen,
    für interessierte, hier nachfolgend mein kleiner Erfahrungsbericht zur Überholung meiner Vorderachse

    Die Überholung war erforderlich da die Querlenkerlager oben und unten festgerostet waren und ein abschmieren nicht mehr möglich war.

    Folgende Arbeiten habe ich durchgeführt:

    · Ausbau der Vorderachse
    · Komplette Zerlegung
    · Vergabe Sandstrahlen und pulverbeschichten der Querlenker, Vorderachsträger, Flachfedern, Bremsscheibenschutzblech
    · Vergabe Verzinken und chromatieren der Achsschenkel und Querlenkerbolzen sowie weitere Kleinteile
    · Einbau neuer Achsschenkelbolzen, Dichtungsringe, neue Gummis
    · Montage und Einbau der Vorderachse
    · Spur einstellen lassen


    Der Arbeitsaufwand war 4 Wochenenden plus 2 Wochen Wartezeit für lackierte und chromatierte Teile. Total also rund 6 Wochen

    Die Arbeiten konnten problemlos in meiner Garage mit Grube durchgeführt werden.
    Ein zweiter Helfer zum Ausbau und Einbau war leider nicht verfügbar, es ging aber auch so.

    Kosten:
    Teile komplett ca.: 460Euro.
    · 2x Reparatursatz Achschenkel komplett
    · 1x Neuer (gebrauchter)Querlenker
    · 2x Spurstangenkopf
    · 4x Neue Anschlagpuffer
    · 8x Neue Dichtringe für Querlenker
    · Kleinteile wie Schrauben und Scheiben
    · Lagerfett CASTROL Fett LMX Li-Komplexfett

    · Sandstrahlen und Pulverbeschichten : 200,-
    · Verzinken und Chromatieren: 62,-
    · Spur einstellen: 69,-


    Es wurden nicht alle Teile getauscht. ( Motoraufhängung, Vorderachsträger, Radlager und untere Anschlagpuffer waren in Ordnung )
    Anstelle des chromatieren wäre auch Pulverbeschichten sinnvoll gewesen aber hat mir einfach besser gefallen.

    Komplett hat es mich also rund 800,- gekostet

    Zu den Arbeiten:

    Ausbau:
    Zunächst habe ich die Federn bei noch eingebauter Vorderachse mit dem Wagenheber ausgebaut, so wie im Werkstattbuch beschrieben.
    Danach die Bremssättel abgebaut und am Rahmen mit Draht so angehängt das die Bremsschläuche nicht auf Spannung kommen.
    Dann erst habe ich die Vorderachse ausgebaut.
    (Bei dieser Reihenfolge müssen die Bremsschläuche nicht demontiert werden und man erspart sich das spätere Lüften der Bremsanlage)

    Die festgerosteten Lagerbolzen oben und unten am Achsschenkelbolzen habe ich mit der Flex getrennt.( Dies erschien mir einfacher als zu versuchen die Bolzen raus zu drehen.)

    Sehr aufwendig war:
    Das Ausschlagen der Messingführungen aus den Achschenkeln . Musste hier zur Unterstützung mit einem Sägeblatt die Messingbuchsen ansägen um die Spannung aus den Büchsen zu bringen.

    Zeitaufwendig war auch das spielfreie Einstellen der Achschenkelbolzen in der Höhe. Die im Reparatursatz mitgelieferten Distanzscheiben hatten nicht gepasst. Die dünnste Scheibe musste von 1,9 mm auf 1,6 mm abgeschliffen werden (War sehr aufwendig da mangels Schleifmaschine mit Schleifpapier abgeschliffen und immer wieder mit Schieblehre kontrolliert auf gleichmäßiges Abschleifen )

    Sehr fummeling war das Einbringen der beiden Dichtungen bei der Montage der Querlenker mit den Achsschenkel an den Querlenkerlager oben und unten. Bei der Montage auf meinen Balkon hat die wärmende Sonne dazu beigetragen das die Dichtungen etwas geschmeidiger und elastisch wurden.An kühlen Tagen in der Garage wäre die Gummis sicherlich zu hart gewesen um diese ohne Beschädigung sauber zu montieren.


    Der Einbau der Vorderachse erfolgte dann in umgekehrter Reihenfolge wie der Ausbau. Erst Einbau der vormontierten Vorderachse. Dann Montage der Bremssättel und dann erst der Einbau der Federn. Hier zur Unterstützung mit 2x M10 Gewindestangen.

    An den Radlagern habe ich auch die Kontaktfedern eingebaut.Der Sinn dieser Federn konnte sich mir allerdings nicht erschließen (Soll wohl zur Entstörung dienen, einen besseren Radioempfang hatte ich dadurch jedenfalls nicht )

    Fazit:
    Insgesamt ist die Überholung der Vorderachse durchaus selbst machbar bei entsprechend vorhandenen Werkzeugen ( Reibahle usw.) Handwerkliche Fähigkeiten und sorgfältiges Arbeiten sind jedoch zwingend erforderlich. Besonders da es sich hier um eine sicherheitsrelevante Baugruppe handelt.

    Geholfen hat mir dabei wie immer natürlich unser Forum als Nachschlagewerk, das Werkstatthandbuch sowie der Erfahrungsbericht von Roadbook



    Schöne Grüße Chris

    Nachfolgende Fotos:


    1: Durchgeflexte Lagerbolzen
    2: Querachse mit Langloch
    3: Cromatierte Teile
    4: Einpressen der neuen Messinglager

    5: Einbau Lagerbolzen mit beiden Dichtringen
    6: Kontaktfedern am Radlager
    7 +8 Eingebaute Vordrachse
    9: Spur einstellen
     

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  2. WRe

    WRe Aktives Mitglied

    14. April 2009
    Überholung Vorderachse

    Hallo Chris,
    super Arbeit und super Bericht, meine Hochachtung!
    ...WRe
     
  3. MGTD

    MGTD Aktives Mitglied

    54
    25. Juli 2012
    Überholung der Vorderachse

    Hallo Chris,
    schöne Arbeit.
    Dennoch habe ich ein Frage: Waren die hochfesten Achsschenkel im Orginal auch Verzinkt und Chromatiert ?
    Wenn nicht, hätte ich bedenken die dynamisch hochbelasteten Teile , auf Grund der Sprödbruchgefahr, " Galvanisch zu veredeln " !
    Stehe selbst vor der Entscheidung.

    Gruß Klaus
     
  4. chris-on-air

    chris-on-air Aktives Mitglied

    53
    21. März 2015
    Hallo Klaus,
    ich denke nicht das die Teile im Original verzinkt und chromatiert waren.
    Ich empfehle dir aber bei Unsicherheit die hochbelasteten Teile nach dem chromatieren zu tempern (Wämebehandeln bei ca 200° ) dies wirkt einen eventuellen Sprödbruch entgegen.

    Gruß Chris
     
  5. Sinan

    Sinan Aktives Mitglied

    23. November 2004
    Das war mit Sicherheit ein echter Fehler, bitte keine hochfesten Stähle gelb oder weiß verzinken. Nur dieses neue blass-silber (matt) geht, sonst halt schwarz verzinken.
    Sorry Chris, was soll tempern ohne Plan bringen? Mein Erfahrungswert ist, also aus der Praxis, ist da geht Material runter. Wenn sich die Teile rauh anfühlen, war es das für die Teile.
    Aber wahrscheinlich passiert nichts, nur clever war´s nicht...
     
    Zuletzt bearbeitet: 5. Juni 2017
  6. Ulli

    Ulli Altbenzlenker

    3. April 2004
    Uiuiui...

    die würde ich definitiv nicht mehr verbauen wollen.

    Sorry, just my two cents

    Ulli
     
  7. MGTD

    MGTD Aktives Mitglied

    54
    25. Juli 2012
    Überholung der Vorderachse

    Ich möchte mich nocheinmal zu Wort melden !

    Es geht primär nicht um den Materialabtrag sondern um den beim
    " Galvanisieren " erzeugten Wasserstoff.
    Der Wasserstoff diffundiert Atomar in das Metallgefüge und rekobiniert zum Wasserstoffmolekül. Dieses Molekül benötigt aber mehr Raum und verspannt dadurch das Metallgitter (Versprödung).
    Bei weichen Werkstoffen ist das kein Problem (Verspannung wird durch " Mikro - Dehnung " abgebaut. ( Zähigkeit )
    Bei hochfesten Werkstoffen ( geringere Zähigkeit ) kann es aber durch Dehnungsbehinderungen zu Mikrorißen kommen.
    Tempern wird zwar in der Technik angewand ( Höhere Temperaturen schaffen mehr Platz und der Wasserstoff kann ausgetrieben werden ).
    Aber mit Tempern kann man möglicherweise bereits entstanden Mikrorisse nicht wieder heilen.
    Mikrorisse können aber bereis in den Galvaischen Schichten ( z.B. Mikrorissiges Chrom ) vorhanden sein.
    In der Regel wird dadurch die "Dynamische Festigkeit " herabgesetzt.

    Gruß Klaus
     
  8. MartinK

    MartinK schraubt hemdsärmelig

    19. Mai 2012
    Hallo Klaus, danke für diese Info. Ich habe auch schon gelesen daß beim galvanischen Verzinken agressive Chemikalien verwendet werden und dies bei hochfesten (z.B. geschmiedeten) Bauteilen nicht gemacht werden darf. Ich habe aber keine Ahnung, welche Auswirkungen das bei einem doch sehr massiven Teil wie einem Achsstummel hat. Nunja, es jängt immerhin ein Rad dran und wenn man überlegt, welche Kräfte da wirken, wenn man zackig um die Kurve biegt, oder aus Versehen einen Bordstein erwischt....

    Was sagt eigentlich der TÜV dazu, können die das beurteilen?

    Mal abgesehen davon finde ich diese "Gelbverzinkeritis" teils schon übertrieben, wenn man auf Messen in die Motorräume schaut und wirklich jedes stählerene Bauteil gelbgrün leuchtet, aber das muss der Käufer/Besitzer entscheiden. Original ist es sicher nicht. Der letzte Gutachter, mit dem ich zu tun hatte, der meinte, daß erhebliche Abweichungen vom Original, auch wenn es noch so schön aussieht zur Abwertung führen kann.

    Beste Grüße, Martin
     
  9. Sinan

    Sinan Aktives Mitglied

    23. November 2004
    Ohne Wiki zu bemühen, ist es rau, hat es ein Problem.....
    Wie gesagt, es sind sehr stabile Teile, ich würde alles drin lassen.
     
    Zuletzt bearbeitet: 6. Juni 2017
  10. diesel

    diesel Aktives Mitglied

    238
    21. März 2010


    Hallo Zusammen,

    wenn die Kollegen es als das erkennen, was es ist, wird es Probleme geben wg. der Oberflächenbehandlung. So ist es beispeilsweise nicht zulässig, Felgen oder Rahmenteile am Motorrad zu polieren, da Material abgetragen, verändert wird.

    Gruß

    Jürgen
     
  11. chris-on-air

    chris-on-air Aktives Mitglied

    53
    21. März 2015
    Hallo zusammen,
    schönen Dank für die zahlreichen Beiträge.

    Mein Ansinnen mit dem Thema war aufzuzeigen das die Überholung der Vorderachse auch in Eigenregie möglich ist wenn die genannten Voraussetzungen gegeben sind und mit welchen Kosten- und Zeitaufwand in etwa zu rechnen ist.
    Das sich das Thema auf das galvanisieren verlagert, hätte ich nicht erwartet.
    Finde es aber gut da ich mich im Vorfeld nicht so tiefgreifend mit beschäftigt habe.

    Da im Netz und auf Messen doch einige Vorderachsen ebenfalls so galvanisiert zu sehen sind und mir der Galvaniseur ein Tempern empfahl habe ich das galvanisieren auch nicht weiter problematisch gesehen.

    Zum Thema TÜV kann ich aktuell berichten (Termin war letzte Woche bei TÜV-Süd).
    Die TÜV Prüfer (3 an der Zahl) waren begeistert vom guten Zustand (die Vorderachse ist ja wie neu... )
    Die galvanisierten Teile waren kein Thema.
    Ich denke nicht das ein TÜV-Prüfer in der Lage ist zu erkennen welche Arbeitsschritte beim galvanisieren genau durchgeführt oder nicht durchgeführt wurden.

    Falls jemand wirklich andere eigene Erfahrungen beim TÜV gemacht hat kann er sehr gerne berichten.


    Das diese Oberflächenveredelung natürlich nicht Original ist und sicherlich nicht jeden gefällt, sollte klar sein.

    Ich möchte zur Sicherheit klarstellen das ich keinen mit meinen Beitrag das galvanisieren der Teile empfehlen wollte oder möchte. Das sollte jeder bitte für sich selbst entscheiden.
    Die Bedenken sind ja zahlreich genannt worden.

    Darum nochmal vielen Dank für die Beiträge, jetzt bin ich und andere Leser mehr sensibilisiert wenn es um dieses Thema geht.

    Schöne Grüße
    Chris

    P.S.
    Da es ja noch weitere Pagode Besitzer mit galvanisierten Vorderachsteilen gibt wäre es interessant wenn diese über ihre Langzeiterfahrungen zu diesen Thema berichten würden.
     
  12. Sinan

    Sinan Aktives Mitglied

    23. November 2004
    Hallo Chris,

    ich gehe davon aus, daß es keinerlei Probleme mit den Teilen geben wird.
    Aber ich hatte schon Blechmuttern oder kleinere Federn, die einfach nach dem galvanisieren zerbrochen sind. Aber wie gesagt, Nachahmung nicht empfohlen.

    Gruß Sinan
     
Müller Classic Motors
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