Bosch Horn Ersatzteile & Einstellen

Dieses Thema im Forum "die Mercedes Benz „Pagode“" wurde erstellt von TomRamoser, 28. Juni 2022.

  1. TomRamoser

    TomRamoser Aktives Mitglied

    336
    21. August 2020
    Servus zusammen,

    in der letzten Zeit habe ich mich intensiv mit den Bosch HO/FSA-Hörnern befasst, über die ja schon vieles und viel Richtiges geschrieben und gesagt ist; ein grosses Dankeschön dafür an Alfred, CATI, Ulli, Pagodenfred, Klaus, 170Sb-Fahrer und Oliver - hoffentlich habe ich niemand übersehen - für die vielen und sehr hilfreichen Informationen.

    Zu zwei weiteren Themen möchte ich gerne beitragen, i.e.

    1.) Ersatzteile
    2.) Einstellen der Hörner​

    Zu den Ersatzteilen sind es besonders zwei Komponenten, die die Restauration der verbliebenen originalen Hörner erschwert oder oft unmöglich macht, denn Ersatzteile sind längst nicht mehr lieferbar.

    (1) Unterbrecher verbraucht, beziehungsweise Kontakte verbrannt, und
    (2) Membrane nach Wassereinbruch im Gehäuse angerostet oder verrostet;​

    Beide Fehler stören die Resonanz im Horn und den Ton empfindlich.

    Bosch bietet aktuell einen Nachfolger unter der Teilenummer

    0 986 AHO 203 im Set für rund EUR 60 an, siehe unten.​

    Diese AHO-Hörner unterscheidet sich im Erscheinungsbild, elektrischen Anschlüssen und höheren Frequenzen, und verfügt nicht über einen von aussen zugänglichen Ankereinstellbolzen, mit dem der Abband vom Unterbrecher kompensiert werden kann.

    Cheers vom Tom

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    Zuletzt bearbeitet: 13. Juli 2022
  2. TomRamoser

    TomRamoser Aktives Mitglied

    336
    21. August 2020
    Servus zusammen,

    der technische Vergleich der originalen HO/FSA und neuen AHO ergibt:

    (1) AHO sind als Teilespender für die Restauration einer HO/FSA geeignet, i.e.
    • Membrane Typ #A (325 Hz) ersetzt mit einer Bohrung die Typen # 2, #5 einer HO/FSA 12/9 (290 Hz)
    • Membrane Typ #B (400 Hz) ersetzt mit einer Bohrung den Typ # 1 einer HO/FSA 12/10 (345 Hz)
    • Unterbrecher, Montage von AHO-Unterbrecherteile auf HO/FSA-Unterbrecherträger ohne Modifikation möglich
    • Gehäusedeckel, mit zusätzlichen Bohrungen und Pulverbeschichtung weitgehend identisch
    • Dichtringe, identisch
    • Kondensator, kompatibel

    (2) AHO sind mit größerem Schwingteller und kosmetischen Korrekturen als pragmatischer Ersatz für die originalen HO/FSA geeignet, i.e.
    • Einbau HO/FSA-Schwingteller (100 mm) / Ersatz AHO-Schwingteller (73 mm) reduziert Frequenzen vergleichbar mit HO/FSA
    • Gehäusedeckel, mit zusätzlichen Bohrungen, Pulverbeschichtung und Firmenschild weitgehend identisch mit HO/FSA
    • Umbau AHO-Gehäuse auf Schraub-Anschlüsse mit Sonderanfertigungen möglich
    Für die rund EUR 60 für ein AHO-Set gibt es also jede Menge Ersatzteile und/oder pragmatische Verwendung.

    Cheers vom Tom


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    Zuletzt bearbeitet: 29. Juni 2022
    230SLblue, Skycruiser und ursodent gefällt das.
  3. TomRamoser

    TomRamoser Aktives Mitglied

    336
    21. August 2020
    Servus zusammen,

    und wer schon einmal ein Horn zerlegt und wieder eingestellt hat, weiß, dass das für einen selbst - und nicht zuletzt für die Nachbarn - nervenaufreibend und frustrierend sein kann.

    Der Schlüssel für eine schnelle und erfolgreiche Einstellung ist die verwendetet Membrane, denn von der Unterkante im Wellental lässt sich die Distanz zur Ankerplatte für eine optimale Resonanz des gesamten Systems so einengen, dass nur noch wenige kleine Drehungen an den Einstellschrauben notwendig sind; dazu gibt es nun eine Tabelle, siehe unten, in der insgesamt acht Membranentypen aufgelistet sind, die bei meinen Untersuchungen aufgetaucht sind.

    Der Wert "C" berücksichtigt auch Gehäuse und Unterbrecher-Parameter und verkürzt die Zeit bis zu einer erfolgreichen Einstellung erheblich.

    Alle Schritte dazu sind im letzten Chart aufgelistet.

    Cheers vom Tom


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    Cava, 230SLblue und ursodent gefällt das.
  4. TomRamoser

    TomRamoser Aktives Mitglied

    336
    21. August 2020
    Servus zusammen,

    wer mich kennt wird nicht überrascht sein, dass es dazu auch ein ausführliches Dokument mit vielen Bildern gibt,


    Und weil das wieder ein lebendiges Dokument werden soll, freue ich mich über alle Nachfragen zu diesem komplexen Thema und natürlich ganz besonders über Anregungen ....

    Cheers vom Tom

    Update v2.3 am 30Jun2022 21:48
    Update v2.6 am 13Jul2022 11:47
    Update v2.7 am 16Jul2022 09:47
    Update v2.8 am 20Jul2022 23:21
     
    Zuletzt bearbeitet: 20. Juli 2022
    fd-lon, Ulli, citynails und 7 anderen gefällt das.
  5. ursodent

    ursodent ursus antennae

    9. Mai 2004
    Schlichtweg nur noch geil !!!

    :)


    [​IMG]


    Ab in die WIDABA damit!
     
  6. meisternle

    meisternle Aktives Mitglied

    374
    17. Februar 2011
    Tom, das ist ja Meisterklasse was Sie da gemacht haben. Braaaavoooo

    Da könnte ich mir nun endlich mal ein Horn Membrane Typ #B (400 Hz) besorgen. Das ist angeblich mal beim Vorbesitzer während des MB Kundendienst abhanden gekommen??

    Ja, die Einstellung ging nur im Keller (Nachbar) und Miky Mouse
     
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  7. TomRamoser

    TomRamoser Aktives Mitglied

    336
    21. August 2020
    Servus Meisternle,

    dankeschön und, ja, genau, i.e.
    • 400 Hz Horn kaufen
    • zerlegen, Membrane ausbauen (die Bezeichnung Typ #B ist von mir, weil die Membranen nicht (mehr) gekennzeichnet sind)
    • Membrane mit 2,5 mm Bohrung an der angegebenen Stelle versehen
    • in eine HO/FSA 12/9 einbauen, wie beschrieben
    • Einstellen, wie beschrieben
    • Fertig
    Cheers vom Tom
     
  8. meisternle

    meisternle Aktives Mitglied

    374
    17. Februar 2011
    Müsste die Bestnr. 0 986 AHO 203 bei .... AH0 ..... eine null sein, das sagt der Boschdienst!?
     
  9. TomRamoser

    TomRamoser Aktives Mitglied

    336
    21. August 2020
    Bosch hat immer Recht ;-) HO lag einfach zu nahe.

    xxx203 ist das Set mit beiden Hörnern ...



    Screen Shot 2022-06-28 at 15.00.29.png
     
  10. Jan_Oliver

    Jan_Oliver Aktives Mitglied

    210
    20. Mai 2019
  11. TomRamoser

    TomRamoser Aktives Mitglied

    336
    21. August 2020
    Hmm, mir ist der Hinweis auf Frankreich auch in den Unterlagen von Bosch (über Alfred) aufgefallen, siehe unten, konnte mir aber keinen Reim drauf machen, weil die Frequenzen ja identisch sind.

    Vielleicht weiß Norbert mehr ...

    Screen Shot 2022-06-28 at 15.57.38.png Screen Shot 2022-06-28 at 15.56.52.png
     
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  12. goldhamme_rulez

    goldhamme_rulez Aktives Mitglied

    20. Juli 2004
    Hallo @TomRamoser / alle -

    wenn ich mich recht erinnere, handelt es sich um ein drittes Frankreich spezifisches, leiseres (?) Stadt-Horn, das mittels Umschalter aktiviert wurde. Als Sonderausstattung in der Sonder-Frankreich-Ausstattung. Würde also vermuten, dass der o.s. Hinweis in der Liste nur heisst, dass die 12/9 und 12/10 Hörner (auch oder primär) von Bosch in Frankreich verkauft wurden [ist ja keine Mercedes spezifische Liste]. Das gesuchte Stadthorn muss ein (!) anderes sein - siehe der oben erwähnte Thread.

    Schaltung muss dann ungefähr so ausgesehen haben (Danke @230SLblue):

    BoschHorn_Erläuterung_Schaltung_Frankreich_Stadthorn.png

    Zwei unterschiedliche Hörner finden sich ja noch heute bei Einsatz- und Rettungsfahrzeugen.

    Der Peugot 404 hatte z.B. zwei unterschiedliche Klänge serienmässig und war leichter zu bedienen ("Bei leichtem Druck erklingt das Stadthorn, und starker Druck aktiviert das zweistimmige Überlandhorn.").

    Und bei späteren Modellen von MB gab es dann, quasi umgekehrt, ein per Umschalter zu aktivierendes Überlandhorn bzw. Überlandfanfare - z.B. W126 und W124. Alles natürlich nur für die Sicherheit :rolleyes:.





    Würde sagen, der aktuelle Wissensstand reicht schon für eine Habilitation, Prof. Ramoser. Für den Nobelpreis in Boschologie wäre dann allerdings doch noch ein Exemplar des franz. Stadthorns zu er- bzw. zerlegen :koenig::blumenstrauss:;).


    Herzliche Grüße aus dem ICE -

    Oliver
     
    Zuletzt bearbeitet: 28. Juni 2022
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  13. d.Hahn

    d.Hahn Aktives Mitglied Mitarbeiter Administrator

    20. November 2003
    Hallo,

    der Bericht kommt natürlich (schon durch Tom genehmigt) in die Wissensdatenbank.
    Wir warten noch ein paar tage ab ob es da einen Korrekturwunsch gibt.

    vG
    Detlef
     
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  14. lowin

    lowin Aktives Mitglied

    18. April 2004


    Oliver,
    das ´Stadthorn´ gehörte zur ´Frankrteichausführung´, es war nach meinem Wissen keine originäre SA.
    Einen Umschalter wird es gegeben haben, so wie in einem deiner vielen Bilder
    Bon Voyage
    norbert
    upload_2022-6-28_21-16-38.jpeg
     
    TomRamoser gefällt das.
  15. goldhamme_rulez

    goldhamme_rulez Aktives Mitglied

    20. Juli 2004
    Lieber Norbert,

    lass Dich von mir nicht irre machen.

    Meine Pagode war zwar schon mal in Frankreich, hat aber keine franz. Besonderheiten.

    Der Schalter auf dem Foto war die selbstgebaute Diebstahlsicherung Marke "Bennzinpumpenunterbrecher".

    Du hast Zusatzkabbel, Relais und Schalter schon klar in dem anderen Thread belegt - https://www.pagodentreff.de/diskussionsforum/threads/exportausführung-frankreich.12458/page-3#post-134811

    Schönen Abend noch
    Oliver
     
  16. honeyfritz

    honeyfritz honeyfritz

    151
    23. Januar 2007
     
    TomRamoser gefällt das.
  17. honeyfritz

    honeyfritz honeyfritz

    151
    23. Januar 2007
    Einfach toll, wie alles von tom!!!
     
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  18. 230SLblue

    230SLblue Aktives Mitglied

    479
    9. August 2005
    Oliver,
    anbei etwas für deine historische Sammlung. Dieses Konzept - ein "Akustisches Signalinstrument" für Stadt oder Land - wurde von Bosch mit Hilfe einer Drosselspule gelöst und 1921 patentiert.
     

    Anhänge:

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  19. TomRamoser

    TomRamoser Aktives Mitglied

    336
    21. August 2020
    Servus zusammen,

    zuallererst möchte ich mich sehr herzlich für das grosse Interesse und das viele Lob bedanken; freut mich wirklich sehr!

    Inzwischen habe ich einige Nachfragen zur Akustik und zur App SoundSpektrum erhalten, die ich hier beantworten möchte.

    Unten ist die Klanganalyse einer restaurierten HO/FSA 12/10 mit einer Nennfrequenz 345 Hz. Aus dieser Analyse geht hervor, dass ein erster Peak bei einer Grundschwingung von 344 Hz ist, der das Herz vom Restaurateur schon einmal höher schlagen lässt.

    Damit aber nicht genug, denn es folgt eine Kaskade von weiteren Peaks, jeweils im Abstand von weiteren 344 Hz, die bei 2674 Hz zunächst ihren grössten Schalldruck (Lautstärke) erreichen und sich dann bis zur obersten hörbaren Frequenz (Mensch) wiederholen und dabei leiser werden.

    Wie schon in der Unterlage erwähnt, sind diese Starktonhörner nach dem Prinzip der „gedeckten Pfeife“ aus dem Orgelbau mit einem zweiten Schwingteller über der eigentlichen Membrane aufgebaut. Beide Töne, der Grundton der Membrane und der Oberton vom Schwingteller ergänzen und verstärken sich gegenseitig - Stichwort konstruktive Interferenz - zu dem typischen, reinen und nicht zuletzt lauten Klang vom Horn.

    Diese Verstärkung erfolgt primär durch das Schwingteller, welches im ausgebauten Zustand - auf einer Bleistiftspitze mit einem Klavierhammer angeschlagen - mit einer Grundschwingung von 2360 Hz schwingt; diese Frequenz schwankt von Schwingteller zu Schwingteller geringfügig, wie auch die Frequenzen der Membranen, das heisst jedes Horn hat eine eigene Signatur.

    Nachdem die Division der Grundschwingung vom Schwingteller bei 2360 Hz mit der Grundschwingung der Membrane von 344 Hz einen (nahezu) ganz-zahligen Teiler - hier 7 - ergibt, sind die Voraussetzungen für einen konstruktive Interferenz - Addition - der Amplituden der Schallwellen gegeben, die eben dieses Klangbild und Lautstärke dieses Horns ergeben; den Rest erledigen die physikalischen Gesetze.

    Alfred ist übrigens noch viel tiefer in die Physik dieser Hörner eingestiegen und kann sicher die eine oder andere weiterführende Frage noch beantworten.

    Um die SoundSpectrum App optimal einzusetzen, sind unten auch die Einstellungen für diese Anwendung aufgelistet.

    Nachdem die Membrane alleine nur relativ leise summt, kann man sich die Verblüffung der Bosch-Ingenieure gut vorstellen, als sie das Horn zum ersten Mal mit einem Schwingteller hörten; das muss eine echte Sensation gewesen sein.

    Cheers vom Tom



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    Zuletzt bearbeitet: 1. Juli 2022
    jama, kdskw, Sead und 3 anderen gefällt das.
  20. goldhamme_rulez

    goldhamme_rulez Aktives Mitglied

    20. Juli 2004
    Wer hätte gedacht, dass man für die Pagode noch ein Akkustik Diplom machen muss ...

    Danke Alfred und Tom !
     
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